[WEBLAB] Inkunabel: unikal, unentdeckt… digital?

Autorin: Marina Belka

Wie kann eine unikale Inkunabel „entdeckt“ werden, wenn sie Jahrhunderte im Bestand einer Bibliothek verbracht hat?

Dieser Artikel nimmt die Entdeckung einer Inkunabel aus der ULB Darmstadt zum Beispiel für die Frage nach der Vollständigkeit digitaler Nachweisinstrumente für Altbestände in Bibliotheken. Mögliche Gründe für die Unvollständigkeit der Nachweisinstrumente werden erläutert und Lösungsansätze im Hinblick auf Teilhabe illustriert.

Hintergrundinfos

Prachtexemplar einer Inkunabel: Gutenberg-Bibel der Staatsbibliothek zu Berlin (Signatur 2° Inc 1511, fol. 5r, Bd. 1)

Inkunabel oder auch Wiegendruck bezeichnet einen der von 1454 – 1500 erschienen Drucke, die mithilfe Johannes Gutenbergs Buchdruckverfahren entstanden sind. Der Anfang 1454 ist festgelegt mit dem Erscheinungsjahr der Gutenberg-Bibel. Optisch ist eine Inkunabel nicht immer prächtig: Drucke waren teuer. Meistens besteht sie aus unauffälligem Schriftsatz. Es gibt auch reich dekorierte Exemplare wie die hier gezeigte Variante einer Gutenberg-Bibel aus der Staatsbibliothek zu Berlin.

„Der Schrifftgiesser“, Holzschnitt, aus Hans Sachs‘ Werk zu Berufsständen: „Eygentliche Beschreybung Aller Stände auff Erden“, 1586 (Digitalisat München)

Gutenberg erfand um 1450 in Mainz den Buchdruck mit metallenen Lettern in Europa. Pro Buchstabe oder Zeichen einer Druckseite wird dabei eine aus Metall gegossene Form (Letter) genutzt. In einem Setzkasten bilden die Lettern zusammen eine Druckseite. Dabei sind schnellere Korrekturen und größere Auflagen möglich als beim Einsatz geschnitzter Druckstöcke aus Holz. Illustrierend kamen mitunter Techniken wie Holzschnitt, Kupferstich und Handmalerei zum Einsatz. Der erste bekannte Buchdruck mit mobilen metallenen Lettern fand allerdings 1377 in Korea mit dem Jikji statt.

Worum geht’s?

Im September 2022 wurde eine Inkunabel „neu entdeckt“. Das Kuriose daran: Inkunabeln werden seit Jahrhunderten erforscht. Es ist wirklich ungewöhnlich, dass einer dieser Drucke noch nie in einem der einschlägigen Nachweiswerke auftauchte. Das hier gefundene kleine Druckwerk war zudem längst als Bibliotheksbestand verzeichnet. Trotzdem wurde seine Besonderheit als Inkunabel über Jahrhunderte nicht identifiziert.

Warum blieb sie so lange unentdeckt?

Das ist doch eh schon alles digital!

Bei der unserer „neuen“ Inkunabel handelt es sich um einen kleinen Band mit der Signatur U 1350/5 aus der Universitäts- und Landesbibliothek Darmstadt (ULB). Sie war lange Zeit nur über ihren Titel in einem Sonderbestands-Zettelkatalog verzeichnet.

Scan der Zettelkatalogkarte für unser kleines Büchlein – ohne Vermerk auf Inkunabeln

Der Datensatz im Online-Katalog entstand 2020 durch die Einspielung über ein sogenanntes Retrokon-Projekt. Das Verfahren erkläre ich hier nur stark vereinfacht. Bei der Einspielung fand keine Prüfung der Daten am physisch vorliegenden Werk (Autopsie) statt. Man hatte nicht „das Buch auf dem Tisch“, sondern fertigte Scans der Zettelkatalogkarten an. Anhand der gescannten Metadaten suchte ein externer Dienstleister in anderen Online-Katalogen einen möglichst übereinstimmenden Datensatz. Dieses Verfahren ist fehleranfällig, doch es führt zu schnellen Ergebnissen.

Ähnlich und doch nicht gleich

Im Falle unserer Inkunabel wurde ein Datensatz heran gezogen, der den Zettelkatalog-Metadaten nur ähnlich war. Dies kann gerade bei frühen Drucken passieren. Die Entwicklung von Titelblättern begann im 16. Jahrhundert erst und anfangs gab es noch keine Einheitlichkeit von Angaben wie Verfasser, Erscheinungsjahr und -ort sowie Drucker (bei alten Drucken ein wichtiges Identifikationsmerkmal). Auch bei unserer Inkunabel geht der Text „einfach so los“. Die Titelangaben verstecken sich in den ersten Sätzen „Interpretationes seu somnia Danielis prophete […]“, wie hier zu sehen.

Erste Seite der 2022 entdeckten Inkunabel der ULB Darmstadt (Signatur: U 1350/5)

Die „Somnia Danielis“ sind über 400 auf verschiedene Drucke verteilte und dem biblischen Propheten Daniel zugeschriebene Traumdeutungen. Zu ihnen gehören viele Inkunabeln, die wiederum im Gesamtkatalog der Wiegendrucke verzeichnet sind. Die Entdeckung unserer Inkunabel war ein Zufallsfund durch eine Bestellung eines Forschers, der die im Katalog der ULB unter der Signatur U 1350/5 angegebene Druckvariante eines Textes der Somnia Danielis einsehen wollte. Tatsächlich brachte die Bestellung des Büchleins eine bisher unbekannte Druckvariante zutage.

Gefunden! Was tun?

Bei näherer Betrachtung stand fest: es musste sich um eine Inkunabel handeln. Reichliche Recherche in Nachweiswerken für Inkunabeln förderte keine anderen besitzenden Institutionen zutage. Die Entdeckung von 2022 wurde vom Team der Historischen Sammlungen an der ULB Darmstadt dem Gesamtkatalog der Wiegendrucke gemeldet, dort geprüft und unter der Nummer GW 0792250N neu aufgenommen. Damit hat sie es in die digitalen Nachweise geschafft. Bis heute ist sie dort unikal. Es gibt also keine andere Bibliothek mit genau diesem Wiegendruck – bis jemand vielleicht einen weiteren Fund macht.

Recherche gefällig? Altbestand finden!

KVK – Karlsruher Virtueller Katalog (für Bestände jeden Alters)
ISTC – Incunabula Short Title Catalogue (Inkunabeln international)
GW – Gesamtkatalog der Wiegendrucke (Inkunabelkatalog auf Deutsch)
INKA – Inkunabel-Katalog deutscher Bibliotheken (deutsche und österreichische Sammlungen)
VD16VD17VD18 – Verzeichnisse der im deutschen Sprachraum erschienenen Drucke vom 16. bis zum 18 Jahrhundert

Warum ist das so selten und doch möglich?

Wie eingangs erwähnt werden Inkunabeln seit Jahrhunderten erforscht und damit seit langem Nachweiswerke für Wiegendrucke aufgebaut und gepflegt. Ein solches ist der auf internationaler Ebene derzeit größte und seit 2003 frei zugängliche Inunabula Short Title Catalogue (ISTC) der British Library. Der ISTC bekommt von Inkunabelverzeichnissen weltweit Daten gemeldet. Und doch können Lücken zwischen Nachweisinstrument und echten Bestandsbedingungen klaffen.

Mögliche Gründe

Kein Fachpersonal
Der Bestand gehört zu einer kleinen Institution wie einer Klosterbibliothek ohne buchwissenschaftliches Fachpersonal und wurde noch nicht (komplett) von Forschenden durchleuchtet. In dem Fall besteht vielleicht kein Bewusstsein für den Wert der Bestände und es fehlt die Expertise zur Identifizierung der alten Bücher.

Personalknappheit
Mangel an Personal zwingt die Bibliothek dazu, den Fokus auf etwas anderes als die Verzeichnung ihrer Bestände in den digitalen Nachweiswerken zu legen. Sie melden also keine neuen Einträge oder Besitznachweise an diese Verzeichnisse.

Automatisierung vor Prüfung
Der Bestand der Bibliothek ist so groß, dass der Übergang von alten Katalogen in digitale Nachweise automatisiert geschah und noch nicht für jede Sondersammlung vom Fachpersonal geprüft wurde. Dies ist bei unserem Inkunabelfund an einer Bibliothek mit über 450 Jahren Geschichte der Fall. Die ULB Darmstadt entwickelte inzwischen ein Konzept zur zukzessiven Überprüfung alter Bestandsgruppen. Forschende rechnen möglicherweise nicht damit, bei einer so großen Institution noch Neues zu entdecken.

Forschungsdatenmanagement
Forschungsergebnisse wurden nicht systematisch aufbewahrt und in digitale Nachweiswerke überführt. Manchmal finden sich auf gedruckten Verzeichnissen handschriftliche Vermerke von ehemaligen Bibliotheksmitarbeitenden, die ihre eigenen Erkenntnisse oder die von Forschenden so notiert haben. Immer mehr Institutionen bemühen sich daher um ein nachhaltiges Forschungsdatenmanagement.

Diese Gründe können natürlich auch für die Datenpflege anderer Nachweisinstrumente gelten. Die British Library hat durch ihre lange Geschichte als Nationalbibliothek bspw. den grundsätzlichen Vorteil, die in ihrem Sammelgebiet erschienenen Werke relativ durchgängig erhalten zu haben. In Deutschland führten die früheren politischen Verhältnisse mit ihrer „Kleinstaaterei“ zu zahlreichen regionalen Sammelstellen. Oft waren die Privatbibliotheken von Grafen, Fürsten und Kirchen die einzig überdauernden Sammlungen für Altbestände. Daher entstanden Projekte wie die Verzeichnisse der deutschen Drucke für das 16. bis 18. Jahrhundtert (VD16, VD17, VD18) zur Erstellung einer retrospektiven Nationalbibliographie. An diesen Projekten sind jedoch nicht alle Institutionen mit Altbeständen beteiligt.

Teilhabe als Lösung

Heutige Bibliotheken und Forschende haben längst erkannt, dass die Zugänglichkeit zu den digitalen Nachweisinstrumenten im Open Access sowie die Einbindung von Institutionen mit geringeren finanziellen oder personellen Mitteln wichtige Faktoren für die Weiterentwicklung des Wissens über frühe Drucke sind. Auch die übersichtliche Aufbereitung von Informationen für die interessierte Öffentlichkeit trägt zu einem größeren Bewusstsein für den Wert alter Drucke bei und kann ein Feedback mit neuen Informationen aus der Allgemeinheit in die Fachwelt erwirken. Teilhabe hilft so bei einem nachhaltigen Aufbau eines Informationsnetzwerks für alte Drucke.

Konkrete Beispiele

The Atlas of Early Printing ist eines der Projekte, die auch Laien einen interaktiven Ansatz zur Entdeckung der Inkunabelgeschichte im europäischen Raum verschafft. Anhand einer interaktiven Karte kann man sich über einen individuell konfigurierbaren Zeitraum von 1450-1500 ansehen, an welchem Ort wann die ersten Drucke mit Gutenbergs Buchdruckverfahren entstanden sind. Das fogende Video erklärt die Entstehungsgeschichte dieses Projekts:

Der Blog „Les Essentiels“ der französischen Nationalbibliothek BnF (Bibliothèque nationale de France) stellt pädagogische Ressourcen der BnF für alle Interessierten zur Verfügung. Die Informationen bieten einen ersten Einstieg und kurzen Überblick. Somit kann man ein Basiswissen und Verständnis für diverse Themen aufbauen. Hier findet man z.B. einen Blogbeitrag über die Entwicklung des Titelblatts von alten Drucken bis heute.

In Thüringen startete 2018 das Projekt „Erschließung und Sicherung Nordthüringer Kirchenbibliotheken„. Es ist ein gutes Beispiel fürTeilhabe durch die Einbindung von über 80 kleinen, seit der Frühneuzeit bestehenden kirchlichen Bibliotheken in die Verzeichnung alter Drucke. Deren Bestände sind oft unsachgemäß gelagert und kaum verzeichnet, manchmal nur in Form jahrzehntealter Bücherlisten. Das Projekt stellt durch Fachpersonal Hilfe in Form von Erschließung und Archivierung der alten Kirchenbibliotheksbestände zur Verfügung und könnte später in ganz Deutschland fortgeführt werden. Ein ähnliches Projekt begann im Mai 2024 zur Erschließung von etwa 8.500 Bänden der historischen Sammlung der Bibliothek des Evangelischen Ministeriums in Erfurt.

Abschließend kann man durchaus einen positiven Blick in die Zukunft der Auffindbarkeit historischer Bestände werfen. Die digitalen Nachweisinstrumente für Altbestände sind vielleicht noch unvollständig, doch sie werden stetig weiter entwickelt.

[done] Dritte Orte

Menschengruppe bei Dunkelheit.

Der Begriff „Dritter Ort“ wurde von Ray Oldenburg geprägt und beschreibt Orte, die als Ausgleich zu Familie und Beruf dienen. Aus einer amerikanischen Perspektive schaut Oldenburg sehnsüchtig nach Europa – Hier gibt es Pubs, Kaffeehäuser und Biergärten. Aber was ist eigentlich mit Bibliotheken?

Name: Smilla Kolbe, Matrikelnummer: 1757993, Veröffentlichung: ja

Eine Illustration von dem amerikanischen Soziologen Ray Oldenburg.

Was sind Dritte Orte?

Um die Frage zu beantworten, ist es zunächst wichtig, die Eigenschaften des ersten und zweiten Ortes zu definieren. Der erste Ort beschreibt das Zuhause – ein persönlicher Rückzugsort, in dem die engsten Beziehungen gepflegt werden. Es handelt sich dabei um einen informellen Raum, der zugleich Schutz und Geborgenheit bietet, jedoch auch isolierend wirken kann. Der zweite Ort hingegen steht für das berufliche oder akademische Umfeld. Dieser Raum ist geprägt von Produktivität, Verantwortung und klaren Strukturen. Hier zählt weniger die individuelle Persönlichkeit als vielmehr die Erfüllung von Pflichten und die eigene Leistungsfähigkeit. Dritte Orte unterscheiden sich grundlegend von diesen beiden: Dritte Orte sind Räume der Gemeinschaft, in dem Menschen ungezwungen zusammenkommen können. Gesellschaftliche Merkmale wie Status oder Herkunft spielen hier keine Rolle und werden symbolisch an der Eingangstür abgelegt – ähnlich wie ein Mantel an der Garderobe eines Theaters oder Clubs. Diese neutrale Atmosphäre schafft die Grundlage für ein soziales Miteinander, das frei von äußeren Zuschreibungen ist.

Dritte Orte und ihr Hintergrund

Während meines Studiums bin ich auf das Konzept der „Dritten Orte“ gestoßen und war sofort fasziniert von ihrer Bedeutung für unsere Gesellschaft. Besonders Bibliotheken als dritte Orte haben mich angesprochen, da sie nicht nur Räume des Wissens, sondern auch der Begegnung und des Austauschs sind. In einer Zeit, in der Technologienutzung oft den direkten Kontakt mit Menschen ersetzt, halte ich solche Orte für unverzichtbar. Sie bieten die Möglichkeit, echte Gemeinschaft zu erleben und fördern das persönliche Wachstum, das nur durch zwischenmenschliche Interaktionen entstehen kann. Das Konzept der dritten Orte geht auf Ray Oldenburg (7. April 1932 – 21. November 2022) zurück. Oldenburg war ein amerikanischer Soziologe, der die Bedeutung informeller öffentlicher Treffpunkte für eine funktionierende Zivilgesellschaft, Demokratie und bürgerschaftliches Engagement betonte. Er prägte den Begriff des „Third Place“ (Dritter Ort) und schrieb das Buch The Great Good Place, das 1989 von der New York Times Book Review als Editor’s Choice ausgezeichnet wurde. 2001 veröffentlichte er zudem Celebrating The Third Place, das die Rolle und Bedeutung dritter Orte weiter vertieft.

Warum eignen sich gerade Bibliotheken als Dritte Orte?

Um dies genauer zu beleuchten, habe ich mir fachnahe Unterstützung geholt. Ich hatte die Gelegenheit, mit Herrn Michael Stünkel, dem Leiter der Zentralbibliothek Hannover, zu sprechen. Herr Stünkel arbeitet seit 1999 in der Stadtbibliothek Hannover und konnte gute Einblicke in die Transformation der öffentlichen Bibliotheken zu einem „Dritten Ort“ geben. Möchtest du das Interview lesen oder erstmal herausfinden, was dein Dritter Ort ist?

Zentralbibliothek Hannover, Innenansicht der Etagen. Dritte Orte in Hannover.
© Zentralbibliothek Hannover

Zentralbibliothek Hannover

Betritt man die Zentralbibliothek Hannover, sieht man hier und da Menschen, die Zeitung lesen und Kaffee trinken. Man hört die Schüler, die ihre Hausaufgaben erledigen. All das erstreckt sich über fünf Etagen, die durch eine innenliegende Treppe miteinander verbunden sind. Die Zentralbibliothek Hannover ist offen und lebendig.

Bibliotheken umzugestalten bzw. anders zu führen bringt mehr Arbeit mit sich – das Büro von Herrn Stünkel ist chaotisch. Bücher und Papier stapeln sich. Das war nicht immer so, sagt Stünkel. Wandel heißt Arbeit.

Interview mit Michael Stünkel, Leiter der Zentralbibliothek Hannover
Smilla Kolbe (SK): Welche Funktion erfüllt Ihre Bibliothek für die Gemeinschaft abseits des klassischen Lesens und der Medienausleihe?

Michael Stünkel (MS): Ja, Klassisch ist [es] schon fast, ein „Dritter Ort“ zu sein. Ein Treffpunkt zu sein, Austausch zu haben untereinander. Manchmal auch allein in Gemeinschaft sein, also wir beobachten hier viele Menschen die hier einzeln sitzen, aber es genießen, das rundherum auch Menschen einzeln sitzen und so kommt man ins Gespräch. Also der Ort des Treffpunkts, auch der Auseinandersetzung. Es gibt hier viele Veranstaltungsformate, wo diskutiert wird – kontrovers diskutiert wird. [Diese Veranstaltungen] kann man konsumieren, man kann aber auch mitmachen.

SK: Was sind das für Veranstaltungen?

MS: Wir machen zu bestimmten Themen Diskussionsveranstaltungen. Literarische Lesungen eher weniger, weil das in Hannover anders abgedeckt ist. Zum Beispiel zum Tag der Demokratie oder zum Tag der Bibliotheken. Wir hatten jetzt das Queere Wohnzimmer für vier Monate mit Workshops Lesungen, Diskussionen und Beratungsterminen rund um das Thema in unserem Haus.

Stadtbibliothek Hannover, Innenansicht.
© Zentralbibliothek Hannover
SK: Was bedeuten Dritte Orte für Sie im Zusammenhang mit Bibliotheken? Wahrscheinlich genau das, oder?

MS: Genau das. Der klassische Ort zwischen Zuhause und Arbeit. Nicht kommerziell, ohne Verzehrzwang, niederschwellig zu benutzen, gute Öffnungszeiten [lacht]. Das ist auch ein Punkt, an dem wir weiter arbeiten. Wir haben jetzt die Öffnungszeiten Anfang des Jahres von 11 Uhr bis 19 Uhr auf 9 Uhr bis 19 Uhr erweitert. 

SK: Wie werden die neuen Öffnungszeiten angenommen?

MS: Die werden sehr gut angenommen. Ganz schnell ging das. Wir haben im Januar angefangen, in der Hoffnung, ein bisschen zu üben, bis die Leute das alle mitbekommen haben, dass sie früher kommen können. Es waren aber relativ schnell sehr gute Zahlen.

SK: Schön, dass das so gut funktioniert. Ich hab mir ein paar Interviews mit anderen Bibliothekaren, die von Bibliotheken nicht als Orte, sondern als Konzepte gesprochen haben, angesehen. Also insofern, dass die Räumlichkeiten geboten durch die Bibliothek werden und dann die Gemeinschaft etwas eigenes draus macht. Würden Sie dieser Aussage zustimmen? Trifft das auf die Stadtbibliothek Hannover zu?

MS: Ja, da sind wir gerade dabei. Wir haben zum Beispiel das Repair-Café. [Das] ist etwas, was auf uns zugekommen ist und von Ehrenamtlichen, insbesondere von einer Person, [betrieben wird]. Das bedeutete eine gewisse Anlaufzeit und inzwischen läuft es vollkommen ohne uns. Ein wenig organisatorische Arbeit durch den Hausdienst, aber nachdem wir Versicherungsfragen, Datenschutz und solche Sachen geklärt hatten, organisiert sich das selber. [Die Veranstalter des Repair-Café] sind einmal im Monat hier. Das versuchen wir mit anderen Konzepten auch umzusetzen. Zum Beispiel die Methothek, kein ganz schönes Wort [lacht], aber gemeint ist damit, dass Menschen die etwas können zum Thema Coaching, Kommunikationstraining, Selbstoptimierung im positiven Sinne, Bewerbungsgespräche vorbereiten,… andere Menschen bei ihrem Vorhaben unterstützen. Diese Personen kommen zu einem bestimmten Tag und machen eine Coffee-Lecture, also kleine Vorträge, aber auch mit Beteiligung der Teilnehmer. Da wünschen wir uns auch, dass sich das mehr verselbstständigt. Wir organisieren das bisher, wir akquirieren auch die Vortragenden, aber es sieht so aus, als würde das auch eine Eigendynamik bekommen, sodass das Bibliotheksbenutzer für Bibliotheksbenutzer dann anbieten.

SK: Also selbstverwaltet dann quasi.

MS: Ja genau. Und da gibt es mehrere Sachen, die auf diese Schiene gestellt werden sollen.

SK: Interessant. Man braucht ein hohes Vertrauen in die Leute, dass das alles so funktioniert, oder?

MS: Ja, unbedingt. Daran muss man auch bei den Kollegen etwas arbeiten. Aber das ist relativ schnell aufgebaut, dieses Vertrauen, wenn sich bewahrheitet, dass nichts passiert. Also, alle wollen ja was Gutes.

SK: Sie meinten im Vorgespräch bereits, dass hier nicht alles neu gebaut werden kann, aber auch, dass sie sich Räume schaffen wollen, sodass die Zentralbibliothek Hannover zu einem „Dritten Ort“ wird. Haben Sie sich da bestimmte Kriterien bei der räumlichen Gestaltung aufgestellt um eine einladende Atmosphäre zu schaffen?

MS: Mehrere Kriterien. Durch die Haushaltssituation, oder überhaupt auch durch nachhaltiges Handeln, was auch zu unseren Leitthemen gehört, haben wir nicht neu gekauft, sondern „upgecycelt“, also vorhandenes Material umgebaut, weiter verwendet. Aber sehr radikal, also man sieht nicht unbedingt, dass das Regalsystem aus den 70er Jahren stammt, sondern es ist so neu gestaltet, dass es gut in die Zeit passt. Dann haben wir festgestellt, dass wir wenig, viel viel weniger Bestand brauchen, als wir oder auch viele andere gedacht haben. Wir haben nach festen bibliothekarischen Kriterien ganz viel Medien ausgesondert und dann Platz geschaffen [für eine einladende Atmosphäre]. Anstatt Bücherregale haben wir jetzt freie Flächen. Wir haben viele Einzelarbeitsplätze und Lernzonen geschaffen. [Wir] sind jetzt dabei, auch diese zu möblieren, Steckdosen nachzurüsten. Das ist in jeder Bibliothek, die nicht aus diesem Jahrzehnt stammt, immer eine offene Stelle, weil man hat damals nicht mit Steckdosen geplant.

SK: Warum auch.

MS: Ja, warum auch. Aber es ist ein großes Thema auch für die Kunden hier. Zusätzlich haben wir in einem Partizipationsprozess einerseits intern mit unseren Mitarbeitern aber auch extern mit (Nicht-)Nutzern eine Zukunftswerkstatt durchgeführt. Üblich mit Kritikphase, Utopiephase und abschließender Realisierungsphase. Außerhalb des Hauses auch. Da sollten die Teilnehmer sich die Bibliothek der Zukunft vorstellen. [Es gab] bestimmte Methoden. Einmal mit Lego Serious Play oder auch mit Mood-Boards. Jedenfalls extern moderiert, nicht, dass wir als Korrektur dabei waren. Die Ergebnisse der Zukunftswerkstatt sind auch Kriterien für uns. Wir versuchen, die Vorstellung einer Bibliothek der Zukunft unserer Mitarbeiter, aber auch der Kunden und Nicht-Kunden, umzusetzen.

SK: Das fließt also auch in die Überlegung [der Gestaltung] mit ein?

MS: Ja, das war sogar auch oft Rechtfertigung oder Auslöser für bestimmte Sachen, die wir gemacht haben.

SK: Das ist ist sehr schön. Wie kommt die Gestaltung der Bibliothek bei den Nutzern an?

MS: Also einmal sieht man, dass das Haus voll ist. So verkehrt kann es also nicht gewesen sein [lacht]. Es gibt viel positive Resonanz zur Reduzierung der Medien, einerseits, natürlich gibt es aber da auch große Kritik.

SK: Ja?

MS: Also, das Aussondern von Büchern ist für manche Menschen einfach ein Tabu. Und das muss man natürlich auch aushalten. Und es ist auch kein demokratischer Abstimmungsprozess. Wer sich positiv oder negativ äußert, das ist nicht in Zahlen zu messen, sondern es sind nur die Menschen, die sich eben äußern. Was daraus resultiert ist, dass man merkt, wie positiv es angenommen wird, dass wir Veranstaltungen machen, die auch in der Öffnungszeit schon beginnen. Das haben wir früher nicht gemacht. Wir haben immer erst geschlossen und dann um 19.30 Uhr was angefangen. Das war personell aufwendig und außerdem war es auch für die Kunden oder die Besucher gar nicht so optimal. Jetzt bleiben sie zum Teil hier, kriegen mit, um 17 Uhr beginnt hier irgendwas, beteiligen sich sogar. Also, das hat einen echten Mehrwert und das spricht auch dafür, dass die Kunden das gut finden. Also es gibt eine positive Resonanz. 
Es gibt immer Einzelne, die sagen „Ich möchte hier meine Ruhe haben.“, aber auch dafür haben wir einen Raum geschaffen. Der zwar auch manchmal sehr gut gefüllt ist und dann wird es da doch lauter, aber wir sind immer noch dabei, die Zonen ein bisschen schärfer zu definieren.

SK: Gibt es Maßnahmen, um genau diese Balance zu halten, zwischen einem ruhigen Ort und einem belebten Ort?

MS: Das ist bei uns einfacher als in anderen Bibliotheken, weil wir gestapelt sind. Wir haben fünf Etagen. Andere Bibliotheken haben es eher in der Fläche und da ist es schwierig. Hier kann man schon die Etage ein bisschen anders definieren. Also im fünften Stock hinter dem Aufzug, das ist eine wunderschöne Ecke, da haben wir die Methothek angesiedelt. Die sind da für sich sozusagen. Dann gibt es Arbeitsräume mit Einzeltischen und Arbeitsräume mit Gruppenmöglichkeit. Das Untergeschoss, da sind wir jetzt dabei, da ist es auch noch mal stiller. [Dort] wollen wir Arbeitsplätze einrichten, aber eben auch ein bisschen gemütlichere, also keine Büroarbeitsplätze und nur Tisch und Stuhl, sondern auch mit ein bisschen Atmosphäre.

SK: Ich war schon einige Zeit vor unserem Termin da und habe so ein bisschen beobachtet, wer hier so reingeht, das scheint mir eine bunte Mischung zu sein. Gibt es dennoch eine Personengruppe, die die Bibliothek am häufigsten nutzt? Oder ist das schwer zu sagen?

MS: Das ist ein bisschen saisonabhängig, also die Sekundarstufe 2, die Schüler die Facharbeiten schreiben und vor dem Abitur stehen, das ist eine große Gruppe, die auch unheimlich fleißig ist [lacht]. Das ist aber nur eine Gruppe; es gibt viele mittelalte Erwachsene, die sich hier aufhalten. Es gibt auch trotzdem noch die typischen Romanleser…

SK: Sind noch nicht ausgestorben?

MS: Nee [lacht], die bedürfen auch einer besonderen Pflege, weil da ist der Inhalt eben nicht so objektivierbar, wie es jetzt gerade im Trend ist. Bei BWL braucht man das, bei Technik und EDV das… [Bei Romanen] muss schon ein fachlicher Input von uns kommen. Menschen in Ausbildung, Deutschlernende, ganz viel. Und Menschen, die einfach miteinander sprechen wollen, das sieht man auch. Erfassen kann man das schlecht. Da müsste man ja wirklich gucken, für wen hält man jemanden. Ist das ein Schüler oder ist das ein Auszubildender. Lernt [die Person] Deutsch oder ist sie schon viele Jahre hier und liest einfach irgendeine Fachzeitschrift? Also das ist schwierig.

SK: Gab es trotzdem Veränderungen im Laufe der Jahre von den Besuchern oder war das ähnlich, wie sie es jetzt beschrieben haben?

MS: Also diese Tendenz, dass junge Leute hier sind, die ist gestiegen. Das kann man sagen, ja. Leute mit einer höheren Lärmtoleranz auch. Das ist schon richtig trubelig hier. Da sagen manche – ich bin ja auch schon lange hier – viele ältere Kunden, das ihnen das hier jetzt oft auch zu laut ist. Nicht, weil es undiszipliniert laut ist, [es sind] einfach viele Menschen, die sich unterhalten. Das erhöht den Lärmpegel und das möchten manche nicht, aber das ist, glaube ich, die Minderheit.

SK: Dann bietet es sich mit den Etagen ja tatsächlich an, dass man diese thematisch gestaltet.

MS: Ja, wobei man trotzdem sagen muss, wir haben ja den großen Innenhof und alles ist offen, so [geschlossen] sind die Etagen dann doch nicht, aber es ist zumindest ein Angebot.

SK: Wie spricht die Stadtbibliothek Hannover Menschen an, die normalerweise wenig Zugang zu kulturellen oder sozialen Räumen haben?

MS: Also wir gehen zunehmend auch raus aus dem Haus. Kennen Sie das Aufhof-Projekt?

SK: Ja.

MS: Da waren wir auch, mit mäßigem Erfolg, aber wir waren da und das ist erstmal schon richtig [lacht]. Dann sind wir bei den Smart City Days dabei, bei jugendlichen Technikfreaks sozusagen [lacht], mit Robotik gehen wir um. Wir haben Anfang nächsten Jahres, Mitte nächsten Jahres, eine Technothek. Ganz kultur- und bildungsferne Menschen kriegen wir nur durch Kindergärten [und] Schulen oder durch andere Vermittler. Die Technothek soll eher die MINT-Fächer propagieren.

SK: Also Sie gehen dann auch aktiv in Schulen und Kindergärten?

MS: Ja, das ist aber schon lange Standard.

SK: Das ist dann nochmal niederschwelliger, oder?

MS: Ja. Und die Zielgruppen, auf die muss man eben oft zugehen. Man muss nicht um die Aufmerksamkeit betteln, sondern man muss sich einfach nur zeigen. Das ist ja oft das Problem, dass man nicht bekannt genug ist und wenn es dann bekannt wird, ist großes Erstaunen da. 

SK: Welche Herausforderungen bestehen denn bei der Etablierung der Bibliothek als Dritter Ort? Bezogen auf Ressourcen, Personal,… Wie ist da Ihre Einschätzung?

MS: Also Herausforderungen gibt es zum Teil an die Mitarbeiter, weil auch ein anderes Publikum kommt. Es kann Konflikte geben, weil die Auffassung, wie man sich in einer Bibliothek verhält, eben doch verschieden sein können. Ich will das aber gar nicht so betonen, weil das für mich erstens nicht so eklatant ist und zweitens nicht so viel ist. [Es ist] kein Grund, sich von dem Konzept der Bibliothek als sozialer Raum wieder abzuwenden, aber man muss es natürlich sehen. Das Thema Wohnungslosigkeit haben wir schon immer gehabt, damit muss man umgehen. Die kümmert es aber nicht, ob wir als Dritte Orte definieren oder nicht. Wenn es hier warm und trocken ist und draußen nass und kalt, dann kommen sie natürlich und sollen auch kommen, das ist völlig in Ordnung. Herausforderung sonst ist, dass es ein anderes Arbeiten ist. Also die klassische Auskunft zum Beispiel. Da kommt jemand und möchte wissen, wo steht welches Buch, das ist nicht mehr die Hauptarbeit.

SK: Sondern?

MS: Die meisten kommen dann mit ihrem Handy und sagen, ich hab das Buch recherchiert und brauchen nur einen Hinweis, wo das jetzt ist. Das geht aber auch mit einer Ausschilderung. Es ist eher, dass man auch diese ganzen Begegnungen etwas moderiert, die hier stattfinden. Sehr viel Komplikationen und extrovertierteres Verhalten als früher vielleicht [lacht]. Aber auch nicht zu viel Regeln. Man muss schon auch als Mitarbeiter, der hier im Hause arbeitet, zulassen können, dass zum Beispiel die Möbel flexibel genutzt werden.

SK: Dann habe ich noch eine Frage zur Digitalisierung. Inwiefern werden Bibliotheken als Dritte Orte durch aktuelle Entwicklungen wie Digitalisierung und veränderte Lesekulturen beeinflusst?

MS: Also es ist schon so, dass die Leute die Begegnung suchen, auch wenn sie das herkömmliche Bibliothekserleben nicht so haben, sondern ein anderes. Wir haben hier mehrere Personen, die um 9 Uhr kommen, mit ihrer Tasche und ihrem Laptop, und dann bis 14 Uhr hier sitzen, zwischendurch Kaffee trinken gehen, offenbar hier arbeiten. Also die nutzen den digitalen Raum, ein gutes WLAN, also eine relativ ideale Arbeitsatmosphäre. Man ist nicht allein und muss sich selber auch irgendwie disziplinieren. Aber Digitalisierung meinen Sie jetzt nicht [insofern als dass] wir die Medien digital zur Verfügung stellen?

SK: Vielleicht ist das auch eher eine persönliche Frage. Durch Social Media ist es schwerer, die Verbindung zu anderen Leuten aufrecht zu erhalten. Man lebt quasi halb im Internet. [In dem Rahmen interessiert es mich], ob die Bibliothek ein Raum sein kann, um die Gemeinschaft zu fördern.

MS: Die persönliche, dann?

SK: Ja, genau.

MS: Ja das könnte ich so bestätigen. Wir merken das zum Beispiel im Queeren Wohnzimmer. [Dort] hatten wir mehrere Lesungen mit hauptsächlich jungen Autoren, die offenbar eine Szene bedienen. Da kommen die Leute aus Oldenburg mit ihren Eltern, weil sie diese Person lesen/sehen/hören wollen und andere treffen [wollen], die [den Autor] auch toll finden. Also das Phänomen, Lesen, Vorlesen, Lesungen, ist schon dann auch wieder im Plus und im Fluß.

SK: Werden Bibliotheken auch in Zukunft noch relevant sein?

MS: Wenn sie so weitermachen, wie wir, ja [lacht]. Also das ist glaube ich der springende Punkt. Wenn sie sich an den Bedürfnisse der Bevölkerung orientieren, ohne das Erbe, oder banal gesagt, das Buch, aufzugeben. Das ist ja kein entweder oder sondern es ist beides. Und es gibt Phasen, da hat der Bestand das Vorrecht gehabt und dann kommt die Welle: jetzt hat der Raum das Vorrecht und es wird sich irgendwie einpendeln zu einem bestimmten Maß.

SK: Das ist eine schöne Zukunftsaussicht. Abschlißende Frage. Welche neuen Projekte oder Ideen gibt es, um die Stadtbibliothek Hannover als Treffpunkt und sozialen Ort noch stärker zu etablieren?

MS: Wir hatten zwei Jahre lang einen Raum unten, das war ein Garderobenraum, mit hässlichen Schränken [lacht], den haben wir leer geräumt und zum Experimentierraum gemacht und haben [diesen Raum] verschiedenen Akteuren zur Verfügung gestellt. Jeweils vier Monate. Da gab es einmal das Thema Job und Karriere. Da war das Jobcenter dabei und die Sparkasse hat den Jugendlichen erzählt, wie man ein Konto eröffnet, mit Geld umgeht. Das andere war die Artothek. Kennen Sie die?

SK: Ja, die kenne ich.

MS: Die war hier für vier Monate und hat den Raum völlig anders umgestaltet und hat hier eine ganz andere Atmosphäre reingebracht. [Danach hat die Artothek] eine andere Unterkunft bekommen und wir hatten dann wieder ein neues Projekt. Das wollen wir noch ein bisschen weitermachen, dass einfach die Menschen hierherkommen können und was machen können. Das wollen wir ausbauen. Die Projekte, die wir angefangen haben sind auch noch am laufen, es ist noch nicht zu Ende. Was unten im Experimentierraum startet, soll verstetigt werden. Die Methothek, startete auch im Experimentierraum und hat jetzt einen Ort bekommen. Genauso das Queere Wohnzimmer. Die Veranstaltungsreihe ist vorbei, aber für die Community sind wir weiter als Ort da, den sie eigenständig bespielen können. Das wird ein ideeller Ort werden, also das ist… wir haben so ein quietschbuntes Sofa aus dem Schauspielhaus. Haben Sie das gesehen? 

SK: Ja.

MS: [lacht] Ja, das ist ne Leihgabe, das Wohnzimmer ist jetzt auch aufgelöst. Aber wir haben gesagt, von der Idee zum Ort. Nee, umgekehrt. Vom Ort zur Idee. Also die Idee bleibt erhalten, so als Haltung oder als Statement oder als Raum für Aktion.

Fazit

Durch das Interview mit Michael Stünkel über Bibliotheken als Dritte Orte konnte ich wertvolle Einblicke gewinnen und besser verstehen, wie Bibliotheken der Zukunft den sozialen Aspekt in den Mittelpunkt stellen, um Gemeinschaft zu fördern. Besonders faszinierend ist, dass Bibliotheken ein besonders niedrigschwelliges Angebot schaffen, um als Dritte Orte zu fungieren. Man muss kein konkretes Ziel haben, um eine Bibliothek zu besuchen: Vielleicht schaut man sich einfach die Neuzugänge an, liest die Zeitung oder bringt Bücher zurück – und entdeckt plötzlich eine Veranstaltung, die einen zum Bleiben einlädt. Diese Ungezwungenheit ermöglicht es, soziale Teilhabe ohne die Verpflichtung zu erleben, gezielt an einem Angebot teilnehmen zu müssen. Dabei wurde deutlich, dass dieser Ansatz zwar nicht alle Bedürfnisse gleichermaßen erfüllen kann, jedoch essenziell für die Weiterentwicklung moderner Bibliotheken ist. Es ist ein Thema, das sich kontinuierlich wandelt und weiterentwickelt – eine Dynamik, die besonders spannend und bedeutsam bleibt. Weißt du, was dein Dritter Ort ist? Mache das Quiz und finde es heraus!

Dein Dritter Ort

Quellen
¹ Archive/Stadtbibliothek-Hannover/Veranstaltungen/Workshop-s-in-der-MethoThek-der-Stadtbibliothek-Hannover/Was-ist-die-MethoThek
² https://www.wirtschaftsfoerderung-hannover.de/de/Microsites/aufHof/aufhof.php
³ https://www.hannover.de/Leben-in-der-Region-Hannover/Bildung/Bibliotheken-
https://artothek-hannover.de/

Bildnachweise

https://www.pexels.com/de-de/foto/gruppe-von-personen-1472334/
https://www.mattynewton.com/
https://www.hannover.de/Leben-in-der-Region-Hannover/Bildung/Bibliotheken-Archive/Stadtbibliothek-Hannover
https://www.pexels.com/de-de/foto/person-die-weisse-kreide-halt-625219/
https://www.hannover.de/Service/Presse-Medien/Landeshauptstadt-Hannover/Meldungsarchiv-f%C3%BCr-das-Jahr-2024/%E2%80%9Eaufhof%E2%80%9C-soll-verl%C3%A4ngert-werden
https://artothek-hannover.de/

[WEBLAB] Geocaching goes Bibliothek

von Nadja Namokel und Kathleen Quicker

„Stell Dir vor, du betrittst eine Bibliothek nicht nur, um ein Buch auszuleihen, sondern um auf eine spannende Schatzsuche zu gehen. Genau das ermöglichen Geocaches in Bibliotheken.
Eine faszinierende Verbindung von Literatur und moderner Schnitzeljagd!“

Vielleicht hast du es schon mal selbst ausprobiert oder kennst jemanden, der regelmäßig auf die Suche geht. Geocaching ist ein Sport, der sich immer größerer Beliebtheit erfreut und das schon seit über 20 Jahren. Von vielen wird er als ‚moderne Version der Schnitzeljagd‘ bezeichnet. Die Spielmöglichkeiten beim Geocaching sind dabei sehr vielfältig.

Inhaltsverzeichnis

Was ist Geocaching?

Logo mit dem Wort Geocaching.

Beim Geocachen geht es darum, mithilfe von GPS-Daten ein Versteck zu finden und sich dann in das beiliegende Logbuch einzutragen. Viel wichtiger als das Ziel, ist aber der Weg dahin. Mittlerweile reicht es Geocachern weltweit schon längst nicht mehr aus, in der freien Natur nach neuen Caches zu suchen. Man kann in sogenannten Lost Places auf ‚Cache-Jagd‘ gehen oder bei einem Multi mehrere Stationen ablaufen, um schlussendlich zum Final, also zum Ziel zu gelangen.

Will man selbst Teil der Community werden, reicht es aus, wenn man sich kostenlos auf einer der verschiedenen Geocaching-Plattformen anmelden. Die Bekannteste ist die bereits im Jahr 2000 zuerst gegründete Plattform von Groundspeak. Allerdings gibt es noch viele weitere Websites. Auf diesen kann man sich als Premium-Mitglied mit einem jährlichen oder monatlichen Abo anmelden, wenn man alle verfügbaren Caches sehen möchte. Aber auch ohne Anmeldung kann man auf die Suche gehen und Caches loggen.

Bevor man auf die ‚Jagd‘ geht, sollte man aber das ein oder andere Equipment mitnehmen: ein aufgeladenes Smartphone oder GPS-Gerät, festes Schuhwerk, Stift und Notizbuch, Rucksack mit Essen und Trinken, Taschenlampe und Gummihandschuhe. Etwas, dass ebenfalls nicht fehlen sollte, sind kleine Tauschgegenstände von geringem Wert, z. B. kleine Überraschungsei-Figuren oder ähnliches. Denn es ist unter Cachern üblich, dass man beim Final ebenfalls solche kleinen Spielzeuge findet und vor Ort tauscht.

Die Community entwickelt immer wieder neue Ideen und so sind nun auch Bibliotheken Teil dieses großes Geocaching-Kosmos geworden.

Logbuch vom Geocaching mit Stift auf einem Baumstamm

Geocaching vs. Bibliotheken

Geocaching in Bibliotheken ist eine spannende Mischung aus Abenteuer und Lesespaß, die Bücherfans und Schatzjäger gleichermaßen begeistert! Die stillen Ecken und versteckten Winkel zwischen den Bücherregalen bieten perfekte Plätze für knifflige Rätsel und kreative Verstecke. So wird die Bibliothek zu einem Ort, an dem Generationen auf Entdeckungsreise gehen können. Ein Treffpunkt, der Tradition und modernen Freizeitspaß auf geniale Weise verbindet. Dieses innovative Konzept macht nicht nur schlauer, sondern zeigt auch, dass Bibliotheken viel mehr sein können als reine Leseorte:
Sie werden zu spannenden Spielwiesen für Wissensdurst und Entdeckerfreude!

Bücherregal in einer Bibliothek
[Pixabay]

In deutschen Bibliotheken wartet eine bunte Welt voller kreativer Geocache-Typen darauf, entdeckt zu werden!

Multi-Caches schicken Abenteurer quer durch das Bibliotheksgebäude und fordern sie heraus, spannende Infos aus Büchern oder Hinweisschildern zu entschlüsseln und dabei von Station zu Station zu laufen. Letterbox-Hybride kombinieren den nostalgischen Charme des Letterboxings mit dem Hightech-Feeling des Geocachings – ein absoluter Hit für Fans beider Welten. Traditionelle Caches, ein Cache ohne weitere Aufgaben oder Rätsel, findet man oft in kleineren Büchereien oder versteckt in öffentlichen Bücherschränken. Während virtuelle Adventure Labs bei Events, wie in Dresden, für ein außergewöhnliches digitales Suchabenteuer sorgen. Bei diesem neuen Geocaching-Typ werden keine physischen Cache-Behälter mehr benötigt.

Mit diesem kreativen Ansatz können Bibliotheken neue Zielgruppen begeistern und ihr Image aufpolieren. So tauchen die unterschiedlichsten Menschen ganz nebenbei in die Welt des Lesens ein und finden neben dem ein oder anderen spannenden Buch auch den gesuchten Cache.

Geocaching in Bibliotheken ist ein abwechslungsreiches Erlebnis, das für jeden etwas bietet! Zudem bringt es frischen Wind in traditionelle Bildungseinrichtungen und verbindet Lernen mit Freizeitgestaltung. Es zeigt eindrucksvoll, wie klassische Institutionen in der digitalen Ära relevant bleiben können – spannend, innovativ und überraschend anders.

Vor allem eins steht bei der ganzen Suche ganz klar im Vordergrund: Spaß haben und neue Welten und Gebiete entdecken. Dabei müssen zwar knifflige Rätsel oder andere Hindernisse überwunden werden, aber am Ende lockt immer das Ziel: das Verewigen im Logbuch.

Beispiele aus deutschen Bibliotheken

In Deutschland gibt es verschiedene Beispiele, wie Bibliotheken ‚Geocaching‘ in Szene setzen!

Die kleine Bücherei an der Bushaltestelle in Seeligstadt begeistert mit einem charmanten traditionellen Cache. Die Städtischen Bibliotheken Dresden sorgten 2024 mit einem Geocaching Mega-Event in der Zentralbibliothek für Aufsehen.

Und die Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek? Sie ist Teil der GeoTour „Leibniz‘ Ge(o)heimnisse“ in Hannover, die anlässlich des Leibniz-Jahres 2016 entwickelt wurde. Auch die Bibliothek der Trierer Universität setzt Geocaching gekonnt ein. Auf dem Uni-Freigelände wartet ein finaler Cache darauf, entdeckt zu werden – ein spannendes Erlebnis für Studierende und Gäste!

Die Stadtbibliothek Bielefeld hingegen begeistert mit „Der Bücherwurm – Reloaded“. Dabei handelt es sich um eine Neuauflage ihres beliebten Geocaches, der die Besucher auf eine literarische Schatzsuche quer durch die Bibliothek schickt. Ein weiteres Highlight bietet die Stadtbibliothek Merzig. Mit ihrer beeindruckenden Sammlung von 48.000 Büchern verbirgt sich hier ein Geocache, der Besucher mit der Frage „Wo ist der Cache?“ in ein spannendes Rätselabenteuer eintauchen lässt.

Diese vielseitigen Ansätze zeigen, wie Bibliotheken Geocaching geschickt nutzen, um Besucher zu begeistern und ihre Räume in spannende Erlebniswelten zu verwandeln!

Geocaching Mega – Event

Facebook-Post zum Geocaching Mega-Event der Bibliothek Dresden mit "Fin", dem Maskottchen des Events

Das Geocaching Mega-Event „Lesen – Leihen – Loggen“ am 10. August 2024 in der Zentralbibliothek der Städtischen Bibliotheken Dresden war ein absoluter Volltreffer!

Mit über 3.000 Teilnehmenden aus mehr als zehn Ländern erlebte die Bibliothek ihren besucherstärksten Tag aller Zeiten. Das Event war ein aufregender Mix aus moderner Schatzsuche und bibliothekarischem Charme. Über 50 Adventure Lab Caches führten die Teilnehmer auf spannende Erkundungstouren durch die Bibliothek und die Umgebung. Workshops, Lesungen und inspirierende Vorträge zu Reisethemen entfachten den Abenteuergeist – perfekt abgestimmt auf das Geocaching-Erlebnis.

Für Kinder gab es spezielle Aktionen, die auch die jüngsten Schatzjäger mit einband, während Führungen durch die Bibliothek den Besuchern exklusive Einblicke in die Einrichtung boten. Ein individuelles Logbuch krönte den Tag und machte das Event unvergesslich.

Dieses Highlight zeigt, wie Bibliotheken mit kreativen Konzepten und moderner Technik neue Zielgruppen gewinnen und ihre Räumlichkeiten in echte Erlebniswelten verwandeln können. Die gelungene Kombination aus digitalem Abenteuer und klassischem Bibliotheksflair war ein voller Erfolg und definitiv ein Vorbild für andere!

Du möchtest mehr über die Atmosphäre und die Details des Events erfahren? Dann Schau gern mal in die Kritik von Kati1988.

Austausch mit einer Geocacherin

I: Sind Sie in einer Geocaching-Community (aktiv)?

B: Durch meinen Heimatort ist es vordergründig die Dresdner Geocaching Community, in der ich aktiv bin und aus der ich im Laufe der letzten Jahre viele Personen kennengelernt habe. Dies geschieht fast schon automatisch, wenn man an verschiedenen Geocaching-Events teilnimmt und dort miteinander ins Gespräch kommt.

I: Welche Tipps würden Sie Geocaching-Anfängern geben?

B: Sich zunächst einfache traditionelle Geocaches mit einer niedrigen Schwierigkeits- und Geländewertung zu suchen. Da ist der Cache auch wirklich an den angegebenen Koordinaten versteckt. Und auch den Kopf nicht in den Sand zu stecken, wenn die Dose einmal nicht gleich auf Anhieb gefunden wird – vielleicht hat man beim nächsten Mal mehr Glück. Am besten, man ist nicht allein unterwegs und nimmt noch Freunde mit, dann macht es gleich viel mehr Spaß!

I: Was hat Sie dazu inspiriert, ein Mega-Event zu organisieren?

B: Die Überlegung kam immer mal wieder bei kleineren Geocaching-Events mit anderen Geocacherinnen und Geocachern auf und diese fanden die Idee eines Mega-Events direkt vor der Haustür ohne weite Anfahrtswege natürlich super. Nachdem wir ein wenig ernsthafter darüber nachgedacht hatten, habe ich einen Gesprächstermin bei unserer Direktorin der SBD vereinbart und sie hat dem Ganzen zugestimmt.

Außerdem bot die Organisation eines Mega-Events die Gelegenheit, Geocacherinnen und Geocachern aus der ganzen Welt Dresden als Stadt und Reiseziel näher zu bringen – inklusive der Zentralbibliothek und der schönen Geocaches hier vor Ort. Hinzu kommt, dass das letzte Geocaching Mega-Event in Dresden eine Weile her war und schon 2012 stattgefunden hatte.

I: Wie lange hat die Planung und Vorbereitung gedauert?

B: Die Planungsphase startete im Frühjahr 2023 mit einem Gesprächstermin bei unserer Direktorin und ging ca. 1,5 Jahre.

I: Was waren die größten Herausforderungen bei der Organisation?

B: Zum einen waren dies einige bürokratische Richtlinien und Auflagen der Stadt, die wir während der Planung als auch während des Events selbst einhalten mussten. Auch die Umsetzung zur Einhaltung des Brandschutzes war nicht ganz einfach.

I: Gab es unerwartete Situationen, die Sie meistern mussten?

B: Ja, aber ich denke das bringt die Organisation eines Events dieser Größenordnung auch zwangsläufig mit sich. Dies war zum Beispiel der Fall, als alle unsere ehrenamtlichen Helfer aus der Community für den Eventtag plötzlich ein amtliches Führungszeugnis brauchten und nicht mehr viel Zeit dafür war.

I: Welche Trends beobachten Sie in der Geocaching-Community?

B: Geocaching hat in den letzten Jahren immer mehr Bekanntheit erlangt und viele Leute – zumindest in Deutschland – haben inzwischen zumindest schon einmal etwas davon gehört. Auch seit Corona hat die Anzahl der neuen Geocacherinnen und Geocacher zugenommen.

Die Dresdner Geocaching Community ist sehr aktiv, sodass in letzter Zeit fast täglich kleinere Events im Stadtgebiet stattfinden. Auch werden immer mehr Lab-Caches erstellt und gespielt.

I: Was macht für Sie ein perfektes Geocaching-Erlebnis aus?

B: Zum einen, wenn ich neue Orte kennenlerne, die ich ohne Geocaching nie entdeckt hätte. Zum anderen ist es toll, gemeinsam mit Freunden draußen in der Natur unterwegs zu sein, Abenteuer zu erleben und eine schöne Zeit zu haben. Wenn wir daneben noch Lost Place Caches besuchen oder es Geocaches mit einer interessanten Story sind, macht dies sehr viel Spaß.

Geocaching-Maskottchen in der Bibliothek

Wir hoffen, dein Interesse für die Bibliothek in deiner Nähe geweckt zu haben und vielleicht entdeckst du ja dort bald deinen ersten oder nächsten Cache.

Noch mehr Lust auf interaktive Spiele im Bibliothekskontext? Dann probier doch mal das.


Academic (2000-2025): Universität Trier. Online unter https://de.academic.ru/pictures/dewiki/85/Uni_Trier_-_UB.jpg [Abruf am 22.01.2025]

Austausch mit Kollegin/Geocacherin, welche das Mega-Event Dresden organisiert und durchgeführt hat.

Cacher-Reisen (2025): Was ist ein Travelbug? Beitrag vom 17. Januar 2022. Online unter https://www.cacher-reisen.com/blogs/news/was-ist-ein-travelbug [Abruf am 11.01.2025]

Cachewiki (2025): Cachebehälter. Zuletzt aktualisiert am 24. September 2024. Online unter https://www.cachewiki.de/wiki/Cachebeh%C3%A4lter [Abruf am 11.01.2025]

Cachewiki (2025): Cachetypen. Zuletzt aktualisiert am 07. Oktober 2024. Online unter https://www.cachewiki.de/wiki/Cachetypen [Abruf am 11.01.2025]

Cachewiki (2025): FTF. Zuletzt aktualisiert am 10. Mai 2020. Online unter https://www.cachewiki.de/wiki/FTF [Abruf am 11.01.2025]

Cachinghausen (2022): Was sind Muggels (bzw. Muggle) beim Geocaching? Online unter https://www.cachinghausen.de/was-sind-muggels-beim-geocaching/ [Abruf am 11.01.2025]

Genevieve (2023): Kreative Geocaches: Caches in Bibliotheken. Zuletzt aktualisiert am 7. November 2023. Online unter https://www.geocaching.com/blog/2023/11/kreative-geocaches-caches-in-bibliotheken/ [Abruf am 25.11.2024]

Geocaching (2000-2025): 48.000 Bücher – Wo ist der Cache?. Zuletzt aktualisiert am 29.01.2023. Online unter  https://www.geocaching.com/geocache/GC44K7V [Abruf am 19.01.2025]

Geocaching (2000-2025): Büchercaches. Online unter https://www.geocaching.com/plan/lists/BMDPP90 [Abruf am 02.01.2025]

Geocaching (2000-2025): Der Bücherwurm – Reloaded. Zuletzt aktualisiert am 29.01.2023. Online unter https://www.geocaching.com/geocache/GC454CE [Abruf am 19.01.2025]

Geocaching (2000-2025): Geocaching Adventure Lab. Online unter https://www.geocaching.com/sites/adventure-lab/de/ [Abruf am 27.01.2025]

Geocaching (2000-2025): Der Hort des Wissens. Zuletzt aktualisiert am 08.06.2009. Online unter https://www.geocaching.com/geocache/GC1WX84 [Abruf am 19.01.2025]

Geocaching (2000-2025): Leibniz` Geoheimnisse: Bibliothek. Zuletzt aktualisiert am 22.01.2016. Online unter https://www.geocaching.com/geocache/GC6A3JT_leibniz-geoheimnisse-bibliothek[Abruf am 26.01.2025]

Geocaching (2000-2025): Lesen – Leihen – Loggen. Zuletzt aktualisiert am 10.08.2024. Online unter https://www.geocaching.com/geocache/GCAB00K [Abruf am 27.01.2025]

Geocaching (2000-2025): Mach mit bei der weltweit größten Schatzsuche. Online unter geocaching.com/play [Abruf am 25.01.2025]

Geocaching-info.de (o.J.): Geocaching Plattformen. Online unter https://geocaching-info.de/geocaching-info/finden-verstecken/geocaching-plattformen [Abruf am 25.01.2025]

Geocaching.Website (2023): Welche Cachetypen gibt es? Zuletzt aktualisiert 2023. Online unter https://geocaching.website/was-ist-geocaching/welche-cachetypen-gibt-es/ [Abruf am 23.01.2025]

Gröger, Brigitte (2017): Entwicklung eines bibliothekspädagogischen Geocaching-Veranstaltungskonzeptes für Kinder an den Städtischen Bibliotheken Dresden. Bachelorarbeit. Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur Leipzig

Gründel, Markus (2021): Geocaching I. Alles rund um die moderne Schatzsuche. 8., überarbeitete Auflage. Welver: Conrad Stein Verlag GmbH

Hannover entdecken…(2012): Stadtbibliothek Hannover – Bücher, Zeitungen und vieles mehr. Zuletzt aktualisiert am 14. August 2012. Online unter https://www.hannover-entdecken.de/wp-content/uploads/2021/09/Stadtbibliothek-Hannover.jpg [Abruf am 22.01.2025]

Höhne, Kati (2024): Die Welt von kati1988. Ein Geocaching – Blog. Zuletzt aktualisiert am 13. August 2024. Online unter https://kati1988.de/2024/08/13/lesen-leihen-loggen-so-war-das-mega-event-in-dresden/ [Abruf am 29.12.2024]

Sinnecker, Ute (2025): Geocaching Süd. Rätseln, GPS, Ausrüstung, Klettern, T5. Zuletzt aktualisiert 2025. Online unter https://www.geocaching-sued.de/wp-content/uploads/2012/05/Logo_Geocaching_Stacked_MuddyBootBrown.png [Abruf am 22.01.2025]

Städtische Bibliotheken Dresden (2024): Lesen – Leihen – Loggen: Geocaching meets Bibliothek. Zuletzt aktualisiert am 25.11.2024. Online unter https://www.bibo-dresden.de/de/aktuelles/2024/zentralbibliothek_geocaching-mega-event.php  [Abruf am 19.12.2024] 

van der Ende, Miranda (o.J.): Pinterest. Geocaching. Online unter  https://de.pinterest.com/pin/38069559324937061/ [Abruf am 22.01.2025]

Visit Hannover (2025): Geocaching: „Leibniz‘ Ge(o)heimnisse“ – Leibniz-GeoTour. Zuletzt aktualisiert am 20.12.2021. Online unter https://www.visit-hannover.com/Event-Highlights,-Kultur-Freizeit/Hannover-nachhaltig-unterwegs/Geocaching-in-der-Region-Hannover/Alle-Geocaches/Geocaching-Hannover-Leibniz%E2%80%98-Ge-o-heimnisse [Abruf am 26.01.2025]

[WEBLAB] Digitale Vielfalt in Bibliotheken – Von physischen Regalen zur digitalen Transformation

"Leseeule"
Abb. 2: Logo der Stadtbibliothek Deggendorf

Die Stadtbibliothek Deggendorf ist dank der digitalen Bibliothek schon lange mehr als nur ein Lager für gedruckte Bücher. Heute steht hier zusätzlich anderes im Fokus: Streams, Sounds und digitaler Zugang zu Wissen und Unterhaltung – all das steht im Mittelpunkt eines modernen Bibliothekskonzepts. Egal ob Sie eine Nachteule oder ein Frühaufsteher sind: Die digitale Bibliothek bietet Ihnen Zugang zu einer riesigen Medienvielfalt, rund um die Uhr und bequem von zu Hause oder unterwegs.

Mit der Onleihe der Stadtbibliothek Deggendorf etwa können Sie jederzeit und überall digitale Inhalte wie E-Books, Hörbücher und Videos ausleihen – alles über die komfortable App oder direkt im Browser. Und das ist nur der Anfang! Die weiteren Angebote der digitalen Bibliothek Deggendorf reichen von Musikstreaming über wissenschaftliche Recherchemöglichkeiten bis hin zu interaktiven Kinderbüchern. Die digitale Bibliothek ist also nicht nur ein Ort, sondern ein Service, der Ihre Medienbedürfnisse überallhin mitnimmt.

Digitale Medien jederzeit griffbereit: Die vielfältigen Angebote der Stadtbibliothek Deggendorf


Mit der digitalen Bibliothek aus Deggendorf haben Sie Zugriff auf eine umfassende digitale Medienvielfalt – von E-Books bis Musikstreaming. Die Onleihe z.B. ermöglicht es Ihnen, jederzeit und überall digitale Inhalte auszuleihen – ganz bequem auf Ihrem E-Bookreader, Tablet oder Smartphone.
Die digitalen Angebote der Stadtbibliothek Deggendorf basieren auf einer Vielzahl von Web- und App-Technologien, um eine breite Palette an Online-Diensten bereitzustellen. Diese umfassen Medienplattformen wie die OnleiheFilmfriendTigerBooks, Brockhaus Online und Freegal Music+.
Im Allgemeinen basiert der Bibliotheksdienst auf verschiedenen Programmiersprachen und Frameworks, die sowohl im Frontend als auch im Backend verwendet werden.

Digitale Vielfalt aus der Bibliothek

Für alle die gerne um Mitternacht einen Thriller lesen, Hörbüchern lauschen oder mit einem digitalen Sprachkurs ins Bett gehen wollen, ist die Onleihe genau das Richtige. Über diese digitale Plattform der Bibliothek lassen sich eBooks, ePapers, eAudios und sogar eVideos ausleihen. Alles was Sie dazu benötigen ist ein gültiger Bibliotheksausweis und der Zugang zur Welt der digitalen Medien gehört Ihnen. Mit dem Tablet oder Smartphone einfach die gleichnamige App installieren, anmelden und schon kann es losgehen. Die Onleihe ist ideal für Leser und Hörer.

Einfacher Einstieg


Wer bereits einen E-Book-Reader besitzt, kann diesen für die Onleihe verwenden – es sei denn, es handelt sich um einen Kindle. Dieser ist ausschließlich auf den Amazon-Kosmos begrenzt, da der Onlinehändler externe Software nicht unterstützt. Eine Abhilfe wäre das „jailbreaken“ des Geräts. Wenn Ihnen allerdings der Begriff Jailbreak in Bezug auf elektronische Geräte nichts sagt, lassen Sie besser die Finger davon.

Auch wenn Technik für Sie ein Buch mit sieben Siegeln sein sollte, kein Problem: Für Unsichere vergibt die Stadtbibliothek kostenlose Schnupperzugänge, Leihgeräte oder auch rund um die Uhr Zugang zu Hilfestellungen auf Onlineforen und Tutorial-Videos der Firma DiViBib, damit auch die letzte Angst genommen wird.


DRM und Flexibilität: Wie der Adobe Content Server die E-Book-Ausleihe organisiert

Digitale Bibliothek zuhause
Abb. 3: Mit dem Tablet gemütlich über die digitale Bibliothek seinen Lieblingsroman ausleihen

Der Adobe Content Server (ACS) generiert DRM-geschützte E-Books im PDF- und EPUB-Format, wobei eine ACSM-Datei den Download über Adobe Digital Editions (ADE) initiiert. Die Rechte werden serverseitig verwaltet. Der Content Server von Adobe kann beide Formate generieren. Während PDFs den Adobe Reader erfordern , sind EPUBs flexibler für E-Book-Reader.


Für den DRM-Schutz ist für die Erstnutzung des entliehenen E-Books ein Internetzugang erforderlich. Mit ADEPT wird die offline Nutzung ermöglicht. Allerdings nur auf Geräten, die mit der entsprechenden Software (z. B. Adobe Digital Editions) kompatibel sind. Dazu ist es dem Leser möglich, seine ausgeliehenen Medien vorzeitig zurückzugeben. Diese Funktion bietet sich wegen des Maximums von acht Ausleihen für Vielleser (oder -hörer) an. Die Leihfrist kann ebenfalls selbst festgelegt werden und reicht von einer Stunde (e-Paper) bis zu 21 Tagen. Eine Verlängerung ist jedoch nicht möglich. Sollte aber keine Vormerkung auf das zurückgegebene Medium vorhanden sein, kann es ohne Einschränkungen erneut ausgeliehen werden.

Ablauf Onleihe
  • Überblick über das DRM der DiViBib Onleihe und Verlauf einer Ausleihe ohne Nutzung mobiler Endgerätea


Diese Plattformen werden meist auf Basis von Java für eine moderne Webarchitektur erstellt. Weitere serverseitige Technologien sind HTML, CSS und JavaScript. Eine App-Version für iOS und Android wird wiederum mit Java (für Android) und Swift (für iOS) entwickelt.

Wissen digital – und zuverlässig

Für alle, die einen Beat im Herzen haben

Digitale Bibliothek zum Musikstreaming
Abb. 4: Die digitale Bibliothek als Zugang zum Musikstreaming


Der Begriff Freegal stellt ein Kofferwort 1 aus free (kostenlos) und legal (zum Download) dar.

In der digitalen Bibliothek gibt es die Kinder-App mit Löwenherz

Kinder zwischen zwei und zwölf Jahren haben jetzt einen neuen digitalen Freund: die TigerBooks-App. Hier werden Geschichten auf Tablets und Smartphones lebendig. Mit interaktiven Funktionen, wie z.B. Mini-Spielen wird Lesen fast so spannend wie ein Versteckenspielen im Garten. Und das Beste? Eltern können sich entspannt zurücklehnen, während die Kleinen in der App Abenteuer erleben – ohne dass sich jemand im Wohnzimmer auf Schatzsuche begibt.

Literarisches Lernen im digitalen Zeitalter: Wie TigerBooks die Rezeptionskompetenz von Kindern fördert


Literarisches Lernen wird als Persönlichkeitsbildung an literarischen Modellen verstanden und dient im Literaturunterricht als umfassender didaktischer Integrationsbegriff. Während sich traditionelle Modelle auf Inhalt und Darstellung konzentrieren, erweitert u.a. TigerBooks diese um literarische, medienspezifische und intermediale Rezeptionskompetenz. Für digitale Bilderbücher ist insbesondere die Interaktivität zentral.
TigerBooks ist ein Teil des digitalen Angebots der Tiger Media GmbH, das sich auf Inhalte für Kinder spezialisiert hat. Über die gleichnamige App bietet das Unternehmen in Kooperation mit zahlreichen Verlagen E-Books, Hörbücher und interaktive Medien an. Besondere Features wie Vorlesefunktionen, Animationen und Spiele werden als kinderfreundlich und sicher beworben. Eltern profitieren von werbefreien Inhalten und individuell einstellbaren Kinderprofilen. Die App zielt darauf ab, eine kontrollierte und ansprechende Alternative zu frei zugänglichen Internetangeboten zu bieten.

Tutorial-Video zu TigerBooks
BeeBots

Um die Leseförderung in der digitalen Bibliothek zu unterstützen und gleichzeitig noch erste Berührungspunkte zum Erlernen der Programmierung zu schaffen, werden u.a. BeeBots genutzt.
Genauere Informationen zu diesem Thema finden Sie in diesem Artikel von Sascha Ecke.2

Rückseite BeeBot
Abbildung 5: Rückseite des BeeBots mit Programmiertasten


Freegal Music+ und TigerBooks als mobile Anwendungen werden, wie bei anderen Apps, mit Cross-Plattform-Frameworks wie React Native entwickelt, um die Nutzung auf verschiedenen Geräten zu ermöglichen.

Netflix kann einpacken (zumindest ein bisschen)

In den letzten Jahren hat sich der Filmkonsum stark ins Internet verlagert. Was auch Bibliotheken vor neue Herausforderungen stellt. Der Verbund der Öffentlichen Bibliotheken Berlins (VÖBB) hat darauf mit der Einführung von Filmfriend reagiert und eine Streaming-Plattform, die speziell auf Bildungsaspekte und Datenschutz ausgelegt ist. Ziel ist es, digitale Kompetenzen zu fördern um eine Bibliothek modern und attraktiv zu positionieren, ohne dabei direkt mit kommerziellen Streaming-Anbietern zu konkurrieren. Als Leser melden Sie sich über die App oder den Browser mit Ihren Bibliothekszugangsdaten an. Damit haben Sie Zugriff auf über 3.500 Filme und Serien um Ihre Abende aufzupeppen. Von Arthouse-Perlen oder Blockbustern über Krimiserien bis hin zu Kinderklassikern: Es gibt für jeden etwas, sogar für die härtesten Kritiker in der Familie.

Filmfriend und ähnliche Streaming-Dienste verwenden eine Kombination von Node.js für die serverseitige Logik, React für das Frontend und Datenbanktechnologien wie SQL-Systeme für die Verwaltung großer Mediendatenbestände.

Die digitale Bibliothek macht den Leser zum Chef!

Anrufen und einen gestressten Bibliotheksmitarbeiter damit behelligen, dass man die Leihfrist seiner ausgeliehenen Medien verlängern möchte? Anschließend noch die Frechheit besitzen zu fragen, ob ein bestimmtes Buch im Bestand ist? Damit muss sich der Leser nun nicht mehr beschäftigen, denn mit dem Online-Katalog kann er dies selbst erledigen.
„Google und Konsorten haben das Suchverhalten unserer Nutzer grundlegend verändert.“ Wahrer könnte diese Erkenntnis nicht sein.


Zwischen Suchmaschinen und Bibliotheken: Warum moderne Katalogsysteme unverzichtbar sind


Eine Studie von OCLC kam zur Erkenntnis, dass Internet-Nutzer zu 84% eine digitale Recherche über eine Suchmaschine dem Gang zur Bibliothek vorziehen. Das ist im Gegensatz zu dem Anteil, der zuerst zu Letzterem geht, mit 2% fast schon Makulatur. Trotz allem ergab sich aus eben jener Umfrage auch, dass Studenten Informationen, welche sie von Bibliotheken erhalten, glaubwürdiger einstufen. Deshalb sollten Bibliotheken mit der Zeit gehen und folgende Punkte mindestens erfüllen.
Die Anforderungen an Katalogsysteme lassen sich in zwei Bereiche unterteilen: Funktionalitäten der Suchoberfläche und -mechanismen sowie den Informationsgehalt der Datensätze und die Breite der erschlossenen Bestände. Diese Elemente beeinflussen sich gegenseitig. Beispielsweise kann eine umfassendere Suche durch Relevance Ranking übersichtlich gestaltet werden. Viele Technologien, die das Suchverhalten verbessern, sind aus dem Information Retrieval bekannt und werden in der OPAC-Forschung seit Langem gefordert.

Rund um die Uhr Zugriff

WebOPAC


Zudem wird dem Nutzer über den Online-Zugang Zugriff auf ein persönliches Bibliothekskonto gegeben. Hier ist es möglich seine Daten zu ändern oder auch, falls noch nicht geschehen, seine E-Mailadresse hinzuzufügen.

Damit lässt sich auch einrichten, dass man neben den Ausleihquittungen, und Erinnerungsbenachrichtigungen zur Gültigkeit der Mitgliedschaft auch Fälligkeitsnachrichten bekommt oder wenn die Leihfrist eines Mediums abläuft. Es muss wahrscheinlich nicht weiter ausgeführt werden, dass seit Einführung dieses Features die Gebührenreinnahmen um fast 80% zurückgingen.

Die digitale Bibliothek wartet mit Technik auf die begeistert – trotz eventueller anfänglicher Berührungsängste!

Um auf all diese Angebote zuzugreifen, brauchen Sie nur Ihren Bibliotheksausweis und erhalten die notwendigen Zugangsdaten. Und für alle, die bei digital an Kabelsalat denken: Die Stadtbibliothek hilft gern weiter, falls es mal hakt. On- wie offline! Technik-Support,

damit Sie und Ihr Streamingglück nicht auf der Strecke bleiben. Ob Sie Wissen anhäufen, zu den Hits der 80er tanzen oder den Kleinsten spannende Geschichten vorsetzen möchten – die Stadtbibliothek Deggendorf beweist, dass sie auch in der digitalen Ära den Durchblick hat. 

Literaturverzeichnis:

  • Lorenz, Andreas (2011): Digital Rights Management bei E-Books am Beispiel der DiViBib Onleihe. Fachhochschule Köln.
  • Gränicher, Martin (2010): Meinten Sie „Web-OPAC“?. Aktuelle Entwicklungen bei Bibliothekskatalogen. In: Informationswissenschaft: Theorie, Methode und Praxis Bd. 1, H. 1, S. 99 – 128.
  • Mutter, Moritz (2017): Filmfriend – Streaming für Bibliotheken. In: BuB – Forum Bibliothek und Information. Jg. 2017, Bd. 12, S. 662 – 663.
  • Emmersberger, Stefan (2020): TigerBooks, SuperBuch und Co.. Qualitäten und literaturdidaktische Potentiale interaktiv aufbereiteter Bilderbücher in digitalen Medienangeboten. In: MiDU – Medien im Deutschunterricht. Jg. 2 (2020), H. 1, S. 1 – 18.
  • Gränicher, Martin (2010): Meinten Sie «Web-OPAC»?.Aktuelle Entwicklungen bei Bibliothekskatalogen. In: Informationswissenschaft: Theorie, Methode und Praxis. Jg. 1 (2010), S. 99 – 128.

Abbildungen:

  • Abbildung 1: Gebäude Stadtbibliothek Deggendorf, Quelle: selbstproduziert2021
  • Abbildung 2: „Leseeule“, Logo Stadtbibliothek Degendorf, Quelle: ebenda 2016
  • Abbildung 3: Tabletnutzerin, Quelle: Fotolia [2024]
  • Abbildung 4: Silent Disco Kopfhörer, Quelle: Fotolia [2024]
  • Abbildung 5: Rückseite BeeBot, Quelle: Pinterest [2024]
  • Video 1: Tutorial-Video der Stadt- und Landesbibliothek Potsdam zu TigerBooks, Quelle: ebenda [2024]
  • Video 2:Tutorial der Stadtbibliothek Deggendorf zum WebOPAC, Quelle: selbstproduziert 2023

Fußnoten:

  1. Wörter für biologische Kreuzungen wie „Schiege“ (Kreuzung aus „Schaf“ + „Ziege“) und „Jostabeere“ (Kreuzung aus „Johannisbeere“ + Stachelbeere“) sind Beispiele für Kofferwörter. Geläufigere Kofferwörter sind Wörter wie „jein“, „Kurlaub“, „Stagflation“ usw  ↩︎
  2. Ecke, Sascha (2025): Einsatz von Bee-Bots in öffentlichen Bibliotheken. In: Hochschule Hannover. Verfügbar unter: https://testweblab.wp.hs-hannover.de/wp-admin/post.php?post=27481&action=edit. Letzter Aufruf: [24.01.2025] ↩︎

[WEBLAB] Bibliothekswesen USA – Banned Books Week

Freiheit zu lesen was man möchte gibt es nicht überall. In den USA werden immer wieder Bücher aus den Regalen von Schulbüchereien und öffentlichen Bibliotheken entfernt, weil es Menschen gibt, die nicht wollen, dass Kinder diese Bücher lesen. Deswegen hat die gemeinnützige Organisation ALA (American Library Association) gemeinsam mit dem Bibliothekswesen der USA die Banned Books Week ins Leben gerufen.

In den Büchern auf den Verbotsanträgen geht es oft um Themen wie: Rassismus, sexuelle Bildung, Queerness, Trauer und Selbstfürsorge. Doch gerade Kinder und Jugendliche sollten die Freiheit besitzen, sich selbstständig zu informieren und weiterzubilden. Ist es jetzt an der Zeit im deutschen Bibliothekswesen solidarisch zu unseren Kolleg*innen im Westen zu stehen?

Inhaltsverzeichnis

ein brennendes Buch

Foto von Freddy Kearney auf Unsplash

Was ist die Banned Books Week in den USA?

Seit 1982 veranstaltet die gemeinnützige Organisation American Library Association jährlich die „Banned Book Week“ . In dieser Aktionswoche rücken Bücher in den Fokus, die in öffentlichen und Schulbibliotheken in einigen US-Bundesstaaten verboten werden sollen.

Die Aktionswoche lädt Bibliothekar*innen, Lehrer*innen, Buchhändler*innen, Verlage und die gesamte Buch-Community ein, diese Bücher zu lesen und zu bewerben.

Wie funktionieren öffentliche Bibliotheken in den USA?

Finanzierungen und Festlegung der Entscheidungsträger

In den USA werden Bibliotheken anders finanziert als in Deutschland. Die den Bibliotheken zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel, bestehen hauptsächlich aus Steuergeldern. Die Höhe der Mittel wird jedes Kalenderjahr neu festgelegt, aktuell sinkt jedoch die Bereitschaft kulturelle Institute zu finanzieren immens. Die ALA setzt sich dafür ein, dass Bibliotheken zusätzliche Mittel beantragen können. Hinzu kommen Spenden, die von Bibliothekar*innen und Unterstützer*innen für Veranstaltungen oder weitere Aktivitäten eingeworben werden.

Welche Gesetzes-Grundlage zum Entfernen von Büchern gibt es?

Das First Amendment in der Verfassung der USA soll die die Meinungsfreiheit sichern. Dementsprechend darf die Grundlage eines Buchverbotes rechtlich keinen persönlichen oder ideellen Hintergrund haben. Trotzdem können Bücher verboten werden, wenn es einer „sicheren Lernumgebung“ schadet. Hier herrscht argumentativer Freiraum. Diesen Freiraum machen sich radikale Gruppierungen wie die Moms of Liberty zunutze.


Die Bibliothekar*innen gehen gemeinsam gegen die Zensur ihrer Bibliotheken vor: es gibt Lese-Bündnisse und Online-Workshops in denen über Zensur aufgeklärt wird. Außerdem teilen sie Tipps zur Buchpräsentation, um die Aufmerksamkeit aller Lesenden auf die verbotenen Bücher zu lenken. Betroffenen Autor*innen der Werke beginnen sich in Vereinigungen – Authors Against Book Bans oder PEN America – zusammenzuschließen. Sie nehmen mit ihren Bündnissen an der Woche teil und betreiben so Aufklärung bei Verlagen und der Buchindustrie. Außerdem rufen Leser*innen in den sozialen Netzwerken zum Lesen von den tabuisierten Werken auf und geben so der Aktionswoche eine weltweite Reichweite.

Quelle: American Library Association

Wie ist die Lage im deutschen Bibliothekswesen?

Die Bücher die am häufigsten in den USA verboten sind, sind in deutschen Schulen häufig Teil des schulischen oder universitären Lehrplan. Zusätzlich gibt das deutsche Grundgesetz durch Garantie auf Meinungs- und Pressefreiheit keinen Spielraum für Zensur. Außerdem sind in Deutschland die Rechte von Bibliotheken gesetzlich verankert . Man erkennt also schnell, dass es hier rechtlichen Schutz vor derart Eingriffen in die Freiheit gibt. Blickt man zurück nach Nazi-Deutschland, stellt man aber schnell fest, dass durch Zensur, Bücherverbrennung und systematischer Verfolgung von (besonders jüdischen) Autor*innen viele Bücher verboten und vernichtet worden sind. Geschichtlich kann man sich in Deutschland des Book-Banning nicht freisprechen. Heute sieht es zum Glück anders aus und wir können Hoffnung in eine Zukunft frei von Buchverboten und Zensur setzen. Trotzdem muss weiter für die Freiheit gekämpft werden, die wir genießen. Rechtsradikale Parteien wie die AfD lassen sich von der Lage in den USA inspirieren und verwenden ähnliche Rhetorik wie die Parteien und Verbünde, die in den USA für Buchverbote aussprechen.


Weitere Informationen zum Thema intellektueller Freiheit und Buchverbote in den USA sind beim Bündnis United Against Book Bans und dem Blog of Intellectual Freedom zu finden. Eine Auswertung aktueller Daten aus dem Jahr 2024 stellt die Vereinigung PEN America zur Verfügung.

Umgang mit dem Kulturkampf von Rechts und Schutz von Bibliotheken in Deutschland finden Sie in der Broschüre „Alles nur leere Worte? Zum Umgang mit dem Kulturkampf von rechts in Bibliotheken (2023)“ aus dem Jahr 2023. Veröffentlicht vom Verein für Demokratische Kultur in Berlin (VDK) e.V. und der Mobile Beratung gegen Rechtsextremismus Berlin (MBR).

[WEBLAB] Escape Rooms in wissenschaftlichen Bibliotheken

Veröffentlicht von

Esther Schröder & Lisa Böging

Dieser Titel eines Vortrags des 8. Bibliothekskongresses greift ein Problem auf, das alle Schulenden in Bibliotheken kennen: Eine ‚Keinen Bock‘-Haltung bei den meisten Teilnehmenden unserer Bibliothekseinführungen. Als Lösungsansatz dieses Problems zeichnen sich aktuell pädagogische Escape Rooms ab, die nicht nur Teamarbeit und das Lösen von Problemen fördern, sondern vor allem die Möglichkeit bieten, Informationskompetenz interaktiv zu vermitteln .

Wie das funktionieren soll? Dafür wird in diesem Blogbeitrag zunächst der theoretische Hintergrund beleuchtet, bevor die Konzeption und Herausforderungen eines Escape Rooms dargestellt werden. Ein Interview mit Giulia Stella und Yvonne Voigt, den Entwicklerinnen des Escape Rooms aus der Staats- und Universitätsbibliothek Bremen (SuUB Bremen), sorgt für direkte Einblicke in die Entstehung. So soll ein besonderer Praxisbezug gewährleistet werden.

Inhalt

Was sind Escape Rooms?

Stellen Sie sich vor, Sie befinden sich mit Freunden in einem abgeschlossenen Raum und nur mit Scharfsinn und Teamarbeit können Sie dem Raum entfliehen. Willkommen in der Welt des Escape Rooms!

Das Konzept ist einfach. Ein Team von Teilnehmenden wird in einen thematisch gestalteten Raum „eingesperrt“ und muss innerhalb einer vorgegebenen Zeit eine Reihe von Rätseln lösen, um zu „entkommen“. Diese Spiele haben in der Regel ein bestimmtes Szenario und können an fast jede Anforderung angepasst werden. Dabei ist es auch möglich, vom klassischen Ausbruchs-Szenario abzurücken. Mystery-Settings, in denen TäterInnen gejagt oder aufgehalten werden oder die Suche nach einem wichtigen Gegenstand, lassen sich ebenfalls in dieses Genre einordnen. Durch diese Flexibilität ist in den letzten Jahren in den USA der Trend aufgekommen, Escape Rooms in Bibliotheken als Methode für Schulungen oder Einführungsveranstaltungen zu nutzen. Seit einigen Jahren wird das auch in Deutschland versucht.

Unter anderem hat sich die SuUB Bremen an die Entwicklung eines Escape Rooms gewagt und konnte ihr Ergebnis erfolgreich in ihren Schulungsalltag integrieren. Im Interview mit Giulia Stella und Yvonne Voigt benennen beide als großen Motivationsfaktor für die Erstellung des Escape Rooms eine Abneigung gegen Frontal-Unterricht. Es ist ihnen wichtig, den Teilnehmenden zu vermitteln, dass eine Schulung in der Bibliothek mehr ist, als nur vorne zu stehen und zu erzählen.

Escape Rooms – Online oder Präsenz?

Durch ihre Vielseitigkeit lassen sich Escape Rooms sowohl in Präsenz als auch online durchführen. Ein Beispiel für einen Online Escape Room hat die UB Marburg 2020 ins Leben gerufen.

Aber welche Form ist besser? Eine der wenigen Studien, die sich mit dieser Frage befasst hat, hat ermittelt, dass den Teilnehmenden beider Formen neues Wissen vermittelt wurde. Tatsächlich konnte ein leicht höherer Wissenszuwachs bei den Teilnehmenden des physischen Escape Rooms festgestellt werden. Spannend ist hierbei auch, dass das virtuelle Gegenstück als etwas schwieriger und stressender wahrgenommen wurde, obwohl es sich um denselben Escape Room handelte.


Wie können pädagogische Escape Rooms funktionieren: Die Theorie dahinter

Lernen durch Escape Rooms klingt zunächst abstrakt. Wie kann das auf einer pädagogischen Ebene funktionieren? Die folgenden Faktoren, die in Escape Rooms gegeben sind, begünstigen eine erfolgreiche Wissensaufnahme und zeigen Vorteile von Escape Rooms in Bibliotheken auf.

Lernfaktor Spaß

Freude als Schlüssel zur Wissensaufnahme

Spaß spielt eine zentrale Rolle im Lernprozess und ist weit mehr als nur ein angenehmer Nebeneffekt. Er wirkt als starker Motivationsfaktor, sowohl für Lernende als auch für Lehrende, um neue Kenntnisse und Fähigkeiten, zu erwerben. Gleichzeitig fördert er die Konzentration, was die Verarbeitung und Aufnahme von neuem Wissen erheblich erleichtert. Dieses durch Freude geschaffene, soziale und unterstützende Lernumfeld trägt ebenfalls maßgeblich dazu bei, einen Grundstein für nachhaltiges und effektives Lernen zu legen.


Problemlöse-Kompetenz

Kreativität fördern

Die Flexibilität, verschiedene Ansätze zur Lösung von Problemen auszuprobieren, stärkt die Kreativität und das kritische Denken der Teilnehmenden. Indem sie eigene Wege erkunden, entwickeln sie die wertvolle Fähigkeit Probleme zu lösen, die weit über eine Schulung hinausreichen.


Teamwork verbessern

Teamwork und Kommunikation durch Escape Rooms fördern

Escape Rooms, ob physisch oder virtuell, bieten vielseitige Möglichkeiten, um Teamarbeit und Kommunikation zu stärken. Sie lassen sich flexibel an nahezu jedes Thema anpassen, sei es, um Wissen zu vermitteln, Gemeinschaft zu fördern, Verbindungen aufzubauen oder einfach für unterhaltsame Erlebnisse zu sorgen.


Individuelles Lernen

Lernen durch eigene Lösungen

Indem Teilnehmende Puzzles und Rätsel eigenständig lösen, gestalten sie ihren Lernprozess aktiv und bauen ihr Wissen selbst ohne direkte Vorgaben auf. Diese spielerische Methode stärkt ihre Eigenverantwortung, schafft eine dynamische Lernumgebung und führt zu einem tieferen Verständnis der Inhalte. Gleichzeitig steigert sie die Motivation, da die Lernenden die Kontrolle über ihren Bildungsweg übernehmen können.


Hemmschwellen abbauen

Library Anxiety überwinden: Die Bibliothek neu erleben

Library Anxiety ist ein Begriff, der die Angst vor der Nutzung von Bibliotheken beschreibt. Betroffene fühlen sich oft durch die Größe und den Aufbau der Bibliotheken überfordert oder haben Angst, Mitarbeitende aus Bibliotheken um Hilfe zu bitten.

Hier kann der Escape Room als spielerische und unterhaltsame Aktivität ansetzen. Er bietet den Teilnehmenden die Möglichkeit, ihre Ängste vor Bibliotheken abzubauen. Sie lernen die Bibliothek als einen einladenden Ort kennen, der weit mehr ist als eine Sammlung von Büchern, Studienmaterialien und Technologien. Dazu berichten Koelling und Russo, die selbst einen Escape Room für die University of New Mexico konzipierten, folgendes:

„Als die Teilnehmenden in das Spiel eintauchten, verschwanden die Grenzen zwischen uns und ihnen. […] Die Freude, einen Hinweis zu finden, war förmlich spürbar – manchmal in Form von aufgeregtem Durcheinander, manchmal in konzentrierter Stille, durchbrochen von gelegentlichen Jubelschreien. Am Ende des Workshops war jegliche Spannung verschwunden. Wir hatten ihr Vertrauen gewonnen.“


Escape-Rooms entwickeln

Ein Konzept entwickeln:

Der effektivste Ansatz, um einen Escape-Room zu entwickeln, ist das sogenannte „Backward-Design“. Dabei beginnt man mit den gewünschten Lernergebnissen und skizziert die angestrebten Resultate. Anschließend wird festgelegt, welche Hinweise oder Aufgaben zeigen, dass die Teilnehmenden diese Ergebnisse erreicht haben. Dieser methodische Ansatz stellt sicher, dass der Escape-Room nicht nur spannend, sondern auch auf die gewünschten Lernziele abgestimmt ist. Daran haben sich auch die Kolleginnen aus der SuUB orrientiert:

Bei der Erstellung gilt die Devise: Einfachheit ist der Schlüssel. Hierbei wird geraten sich im Zweifel für den klareren Weg zu entscheiden, um die Teilnehmenden nicht zu frustrieren.
Für die Konzeption geben Giulia Stella und Yvonne Voigt den Tipp, ausreichend Zeit für die Erstellung und die Testphase einzuplanen. Andernfalls würden schnell Ungereimtheiten aufkommen oder Aspekte aufgegriffen, die anschließend nie wieder auftauchen. Auch geben sie zu bedenken, dass gerade im Planungsstadium Austausch und Offenheit gegenüber neuen Ideen besonders wichtig sind. So können die besten Ideen entstehen.

Entwicklung der Rätsel

Bei der Entwicklung der einzelnen Rätsel gilt, was immer gilt: offen für alles sein. So habe ihnen eine Fortbildung zu Escape Rooms und Rätseltypen, ein kommerzieller Escape-Koffer sowie persönliches Interesse geholfen. So berichtete Giulia Stella, sie spiele Videospiele mit Escape- oder Rätsel-Komponenten, die sie bei der Entwicklung der Rätsel inspiriert hätten.

Um Spannung zu erhalten ist es wichtig, keine losen Enden bei den Rätseln zu lassen. Im Idealfall sollten alle Rätsel nicht nur die jeweiligen Lernziele erfüllen, sondern auch wieder aufgegriffen werden. So kann zum Beispiel die Lösung eines Rätsels als Teil der Lösung eines Endrätsels oder aber als benötigter Hinweis für das nächste Rätsel dienen. Wird ein Rätsel nicht wieder aufgegriffen, sind die Teilnehmenden schneller demotiviert. So berichteten auch Yvonne Voigt und Giulia Stella:


Einen Lösungsansatz für dieses Problem bieten die drei klassischen Rätsel-Strukturen nach Nicholson:

Die offene Rätselstruktur

Offene Rätselstruktur für Escape Rooms

Bei dieser Struktur werden zahlreiche eigenständige Rätsel im Raum platziert, die von den Spielenden gleichzeitig gelöst werden können. Jedes erfolgreich gelöste Rätsel liefert einen Teil zur Lösung des abschließenden Rätsels.

Ein Nachteil ist, dass der Schwierigkeitsgrad nicht kontinuierlich gesteigert werden kann, da die Reihenfolge, in der die Rätsel bearbeitet werden, nicht festgelegt ist.

Die sequentielle Rätselstruktur

sequentielle Rätselstruktur für Escape rooms

Die sequentielle Struktur hingegen führt die Spielenden Schritt für Schritt durch das Spiel. Sie beginnen mit einem Rätsel, dessen Lösung sie zum nächsten führt, und so weiter, bis sie schließlich das finale Rätsel erreichen. Diese Struktur eignet sich besonders gut für kürzere Escape Rooms.

Die pfadbasierte Rätselstruktur

pfadbasierte Rätselstruktur für Escape rooms

Die pfadbasierte Struktur besteht aus mehreren Sequenzen, bei denen jede gelöste Aufgabe einen wichtigen Beitrag zur Lösung des finalen Rätsels leistet. Nach der Lösung eines Teilrätsels gelangen die Spielenden entweder zum nächsten Master-Rätsel oder sie erreichen direkt das Ziel des Spiels. Diese Struktur eignet sich besonders für größere Teams, da die Spielenden in kleinen Gruppen parallel an den unterschiedlichen Pfaden arbeiten können.

Weitere Rahmenbedingungen

Zeitlicher Aspekt

Spieldauer

Die Dauer des Escape Rooms sollte bei der Planung immer im Hinterkopf behalten werden. In der SuUB Bremen war das Zeitfenster bereits durch die normale Schulungsdauer vorgegeben. Die zur Verfügung stehenden 90 Minuten sind auf 60 Minuten aktive Spielzeit und 30 Minuten Nachbereitung aufgeteilt. So ist es nicht dramatisch, wenn ein Team etwas länger für die Lösung der Rätsel benötigt und die schnelleren Teams haben im Anschluss noch Gelegenheit, das Gelernte umzusetzen. Aus der Literatur geht hervor, dass bibliothekarische Escape Rooms in der Regel für 45 bis 75 Minuten aktive Spielzeit konzipiert sind.


Ziel/Zielgruppe

Ausrichtung der Escape Rooms auf das Lernziel

Das Szenario ist für eine Einführungsveranstaltung für SchülerInnen und Studierende gedacht, berichteten die Kolleginnen aus der SuUB Bremen. So war ausschlaggebend:

„Uns war es wichtig, ein Konzept zu haben, das die allgemeine, alltägliche Nutzung darstellt. Das Recherchieren im Katalog, das Einloggen ins Bibliothekskonto, gegebenenfalls die Ausleihe und das finden eines Buches im Regal, also räumliche Orientierung. Weil das eben die Sachen sind, die faktisch passieren müssen, wenn die Leute bei uns in die Räume kommen. Und das war für uns eben das Wichtigste am ganzen Spiel, dass die Teilnehmenden am Ende mit einem realitätsbezogenen Mehrwert rausgehen.“

Thema/ Narrativ

Narrativ anpassen

Die Motivation, Escape Rooms zu gestalten oder daran teilzunehmen, wird nicht unbedingt durch die Realitätsnähe der Szenarien bestimmt. Vielmehr stehen der Erwerb und die Anwendung von Wissen und Fähigkeiten aus den jeweiligen Themenbereichen im Vordergrund. Oft überwiegt hierbei der Lern- und Erlebniswert eines Escape Rooms die tatsächliche Relevanz des gewählten Szenarios. Bei der Entwicklung eines Themas kann es hilfreich sein, aktuelle Trends zu berücksichtigen und diese kreativ einzubinden.

Es ist wichtig, ein Thema zu wählen, das sowohl die Interessen der Zielgruppe anspricht als auch die Ressourcen der Bibliothek sinnvoll einbindet. So kann ein fesselndes Narrativ Lernen und Unterhaltung miteinander verknüpfen. Dabei sollte eine durchgängige und stimmige Erzählung vorhanden sein, um die Teilnehmenden zu fesseln und ihnen ein umfassendes Abenteuer zu bieten.

Beispiel: besondere Ressourcen einbinden

Ein gelungenes Beispiel für ein Escape Game bietet das John Jay College of Criminal Justice. Das Murder-Mystery basiert auf einem historischen Mordfall, wodurch Prozessabschriften und weitere Materialien aus den Sondersammlungen der Bibliothek integriert werden. Viele Bibliotheksnutzende kennen diese besonderen Ressourcen nicht, sodass ein Narrativ wie dieses die Bekanntheit speziellerer Bestände erhöht.

Beispiel: Interesse der Zielgruppe ansprechen

Im Zentrum des Escape Games der SuUB Bremen steht eine Gruppe, die eine Hausarbeit geschrieben hat, deren Deadline ansteht. Jedoch hat eine Kommilitonin/Mitschülerin, vergessen diese abzugeben. Um die Hausarbeit doch noch rechtzeitig einreichen zu können, muss die Gruppe verschiedene Rätsel lösen. Dieses Szenario ist für alle Teilnehmenden gut nachvollziehbar und kann leicht an die Zielgruppe angepasst werden. So ist es bei einer SchülerInnengruppe eine Mitschülerin und bei einer Gruppe Studierender eine Kommilitonin.


Räumlichkeiten

Der Ort des Geschehens

Die Größe des Raums beeinflusst direkt die Größe der Gruppen, die daran teilnehmen können. Je größer der Raum, desto mehr Personen können problemlos zusammenarbeiten. Es ist jedoch wichtig, sicherzustellen, dass genügend Hinweise vorhanden sind, damit sich jeder Spieler aktiv einbringen kann. Andernfalls könnte es passieren, dass einige Team-Mitglieder lediglich zuschauen, während andere die gesamte Arbeit übernehmen. Beobachtungen haben gezeigt, dass Gruppen mit etwa sechs Personen gut überschaubar sind. Für eine noch effektivere Beteiligung aller kann es jedoch vorteilhaft sein, kleinere Teams von vier oder fünf Personen zu bilden, besonders für Teilnehmende, die sich in größeren Gruppen schnell überfordert fühlen.

Die flexiblere Alternative

Die Einrichtung eines Escape Rooms kann eine komplexe und zeitaufwändige Aufgabe sein, die oft die Gestaltung eines ganzen Raums mit aufwendigen Requisiten und versteckten Hinweisen erfordert. Eine einfachere Alternative sind „Breakout-Boxen“. Diese praktischen Hilfsmittel ermöglichen es, Escape-Room-ähnliche Aktivitäten direkt in eine Schulung zu integrieren, indem die Teilnehmenden eine verschlossene Kiste oder eine Reihe von Kisten öffnen müssen, anstatt einen Raum zu verlassen. Diese Boxen sind nicht nur kompakt und mobil, sondern auch ideal, um die Aktivität in kleineren Räumen durchzuführen.

Für diese Variante hat sich auch die SuUB Bremen entschieden. Hier werden bis zu 30 Teilnehmende in Gruppen von bis zu 6 Personen aufgeteilt. Jede dieser Gruppen bekommt eine Kiste mit individuellen Rätseln, die es zu lösen gilt. Am Ende kommen alle Gruppen mit ihren Ergebnissen zusammen und müssen gemeinsam den Code für die „Breakout-Box“ knacken. Auf diese Weise können auch Gruppen in Schulklassen-Größe an einer Escape-Room-Schulung teilnehmen.


Kostenfaktor

Mit Kreativität geht es auch kostengünstig

„Man muss sich am Anfang klar machen, was möchte ich, wie möchte ich, dass es am Ende aussieht. Und dann arbeitet man mit dem, was man hat.“

Auch ist Kreativität bei der Gestaltung der Materialien und Rätsel sehr wichtig. In einem Fall aus dem Entstehungsprozess der SuUB Bremen gab es Probleme mit den WhatsApp-Generatoren, die sehr hässliche Bilder von Chats generierten.

„Wir saßen in einem online Meeting und ich hatte auf meinem Handy einen Screenshot von einem WhatsApp-Chat gemacht, weil ich den irgendwie weiterschicken wollte. Und auf einmal saß ich da und dachte: Boah! (lacht)
Und winkte nur mit den Armen und schrieb über ein internes Chat-Tool: ich glaube, wir machen einfach einen Screenshot von unseren eigenen Chats!“

Zudem erzählen sie, dass gar nicht so viele Materialien zur Erstellung eines Escape Rooms gebraucht werden und dass der Austausch innerhalb des Hauses einen großen Teil dazu beigetragen habe. Einige Requisiten konnten aus der hausinternen Buchbinderei oder aus alltäglichen Gegenständen gefertigt werden. „Tatsächlich war das gar nicht so teuer außer Arbeitskraft. Also das ist das, was wir auch unterschätzt hatten“, erzählt die Kollegin aus der SuUB Bremen.


Hinweise

Das richtige Maß finden


„irgendwann, wenn man nicht weiter kommt, ist man auch einfach gefrustet. Und wir wollen eben, dass die Erfahrung positiv bleibt.“

Um diesem Frust vorzubeugen, ist es sinnvoll ein Hinweiskonzept einzuplanen, zum Beispiel in Form von Hinweiskarten. Dabei bekommt jede Gruppe eine festgelegte Anzahl an Karten, die sie bei Bedarf einsetzen können.

In der SuUB Bremen gibt es ein anderes Konzept zu Hinweisen. Hier können die Teilnehmenden jederzeit nach Hinweisen fragen, wobei die Schulenden zusätzlich proaktiv auf sie zu gehen und Hilfestellung zur Lösung der Rätsel geben. Die Kunst besteht bei diesem Konzept darin, abzuschätzen, wann Hilfe tatsächlich benötigt wird:

„Aber das auch mal wirklich aushalten zu können, 10 Minuten zu sitzen und nichts zu machen und nicht irgendwo eingreifen zu wollen. Selbst wenn du hörst, die sind vielleicht gerade auf dem Holzweg, aber oft kriegen sie dann doch irgendwie noch die Kurve. Das fällt uns tatsächlich auch echt schwer, dann da nicht alle 5 Minuten einzugreifen und zu sagen: „ist doch logisch, mach doch das hier.“ (lacht)“


Finalisieren/Umsetzen

Testen


Um einen Escape Room optimal vorzubereiten, ist es empfehlenswert, mehrere Übungs-Sitzungen mit unterschiedlichen Gruppen durchzuführen, die die Zielgruppe widerspiegeln. Diese Testläufe bieten wertvolle Einblicke, welche Bereiche für die Teilnehmenden zu schwierig oder zu einfach sind. So können gezielt Hinweise angepasst, zusätzliche Unterstützung geboten oder neue Hinweise eingefügt werden, um etwaige Lücken zu schließen oder Aspekte zu verbessern, die von den Teilnehmern übersehen wurden. Die Kolleginnen aus der SuUB erzählen, dass sie untereinander viel getestet haben:

Qualitätskontrolle

In einigen Escape Rooms wird direkt nach Abschluss eine Qualitätskontrolle durchgeführt. Diese soll meist mit Hilfe eines Fragebogens überprüfen, ob die Teilnehmer die Inhalte, die vermittelt werden, auch tatsächlich verstanden haben.

In der SuUB Bremen wurde diese Wissensabfrage zum Teil des Spiels. Dabei müssen die Teilnehmenden Multiple-Choice Fragen beantworten und mit Hilfe der Antworten eine Lösungszahl ermitteln. Diese Zahl ist Teil des abschließenden Master-Rätsels.


Zum Schluss haben wir ein Mini-Escape-Spiel vorbereitet und möchten Giulia Stella und Yvonne Voigt die Gelegenheit geben, selbst auf die folgende Frage zu antworten:

Was würdet ihr KollegInnen mitgeben, die an anderen Bibliotheken auch einen Escaperoom etablieren wollen?





Referenzen

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