Das Konzept „Open Library“ – Chancen und Herausforderungen

Die Gesellschaft verändert sich gerade im Hinblick auf ihre zeitliche Gebundenheit. Dies führt dazu, dass sich auch die Nutzbarkeit von Bibliotheken diesem Wandel immer mehr anpassen muss. Um dieser Veränderung gerecht zu werden, erwägen immer mehr Bibliotheken das Konzept einer Open Library. Dieses ermöglicht ihnen, ihre Öffnungszeiten auszuweiten, ohne erhöhte Personalkosten befürchten zu müssen. Allerdings ist der Weg bis zur Umsetzung gleichzeitig mit einigen Hürden verbunden.


Inhaltsverzeichnis

Unter einer Open Library versteht man die grundsätzliche Idee, eine Bibliothek auch in der Zeit zugänglich zu halten, in der keine Mitarbeitende vor Ort sind. So gibt es in diesem Bibliotheksmodell sogenannte Öffnungs- und Servicezeiten. Dabei lassen sich die damit umsetzbaren, erweiterten Öffnungszeiten individuell der jeweiligen Bibliothek und deren Gegebenheiten anpassen.

Zeigt eine Bibliothek die 24/7 geöffnet ist.

Das Bibliotheksmodell „Open Library“ wurde in Europa erstmals in Skandinavien (Silkeborg) getestet und findet seit dem immer weiter Verbreitung. So wurde eine der ersten in Deutschland 2014, in einer Stadtteilbibliothek der Bücherhallen Hamburg eröffnet und ist seitdem auf eine Zahl von über 50 (siehe Karte) angewachsen.
Allerdings gibt es bei der Bezeichnung im Alltag verschiedene Varianten:

  • Bibo 7/10 (Stadtbibliothek Dresden)
  • FlexiBib (Bücherhallen Hamburg)
  • Bibliothek+ (Stadtbibliothek Hannover)
  • Offene Bücherei (Stadtbücherei Norderstedt)
  • Open Library (Stadtbücherei Halle/Westf.)

Das Konzept „Open Library“ unterstützt Bibliotheken dabei, ihrer sich verändernden Rolle gerecht zu werden, indem sie zunehmend als Orte der Begegnung wahrgenommen werden. Stichpunkt „Dritter Ort„. In diesen personallosen Zeiträumen (Öffnungszeiten) können angemeldete Nutzende meist ab einem bestimmten Alter selbstständig die Tür öffnen. Damit bekommen sie die Möglichkeit, die Räumlichkeiten nutzen zu können und Ausleihen zu tätigen.

„[…] the user groups are now fitting visits to the library into their daily rhythm […]“

Mogens Larsen (Bibliothekar), Silkeborg Libraries

Allerdings werden in den mit Personal besetzten Zeiten, den sogenannten Servicezeiten, die Leistungen weiterhin wie gewohnt angeboten. Dadurch zielt eine Open Library darauf ab, die Öffnungszeiten zu erhöhen und damit die Bibliothek und deren Angebote flexibler nutzbar zu machen, ohne vorherige Leistungen einzusparen. Hauptsächlich macht sich dieser Umstand gerade an Wochenenden bemerkbar, an denen Bibliotheken meistens nur wenige Stunden geöffnet haben.

So kann man dieses Konzept als Erweiterung des Self-Services sehen, da es dabei nicht nur um das eigenständige Buchen der Medien geht, sondern der Self-Service schon an der Eingangstür beginnt. Gleichzeitig wird durch die erweiterte Öffnung außerhalb der Kernzeiten eine Erhöhung der Nutzerzahlen erreicht. Gerade im Hinblick darauf, dass dieses Angebot ohne zusätzliche Personalkosten auskommt, kann es eine sinnvolle Option darstellen.

Jedoch sind zur Umsetzung einige Vorbereitungen und Investitionen nötig, welche die Entscheidung stark beeinflussen können. Denn grundsätzlich genügt es nicht einfach die Türschlüssel unter die Matte zu legen, sondern erfordert ein Sicherheitskonzept und damit eine technische Aufrüstung.

Parkour auf Büchern

Umsetzen lässt sich dieses Konzept entweder alleine oder, wenn es räumlich möglich ist, in Kooperation z.B. mit einer Bäckerei. Bei ersterem sind zusätzliche Maßnahmen für den Zutritt notwendig, was bei der zweiten Variante entfallen kann, da die Bibliothek mit dem jeweiligen Partnerbetrieb öffnet und/oder schließt.

Zur Realisierung einer solchen Bibliothek sind folgende Punkte zu beachten:
  1. Damit die Medien auch von den Nutzenden selbstständig entleihbar sind, müssen diese mit RFID ausgestattet sein und die notwendigen Gates, Ausleih-, Rückgabe- und Kassenautomaten installiert sein.
  2. Eine flächendeckende Beleuchtung der Räumlichkeiten sowie klare Sichtachsen sollten geschaffen werden, damit sich die Nutzenden, während ihrem Besuch, sicher fühlen.
  3. Um vor Diebstahl und Vandalismus abzuschrecken bzw. Straftaten aufdecken zu können, sollten zusätzlich Videokameras installiert werden.
  4. Auch Lautsprecher sollten vorhanden sein, um z.B. Ansagen zur dem nächsten Schließung abspielen zu können.
  5. Zeitprogrammierung, um die gesamte Technik in der Bibliothek zielgerichtet ein- und ausschalten zu können.
  6. Zu guter Letzt benötigt es eine gute Vorabplanung und Auflistung aller noch notwendigen Maßnahmen. Denn startet doch jede einzelne Bibliothek mit anderen Gegebenheiten in ein solches Projekt.


Es lässt sich also erkennen, dass das Konzept an sich hauptsächlich Vorteile für die Nutzenden und die Mitarbeitenden bringt, da so das Bibliotheksangebot einer breiteren Bevölkerungsschicht offen steht und die Angestellten keiner größeren Beanspruchung ausgesetzt sind. Allerdings kann die Verwirklichung je nach Lage der Bibliothek und finanzieller Ausstattung des Trägers eine große Hürde darstellen. Wenn diese Punkte jedoch keine Sorgen darstellen, ist einer Umsetzung kaum etwas negatives abzugewinnen. 

Quellen: