Inkunabel: unikal, unentdeckt… digital?

Wie kann eine unikale Inkunabel „entdeckt“ werden, wenn sie Jahrhunderte im Bestand einer Bibliothek verbracht hat?

Dieser Artikel nimmt die Entdeckung einer Inkunabel aus der ULB Darmstadt zum Beispiel für die Frage nach der Vollständigkeit digitaler Nachweisinstrumente für Altbestände in Bibliotheken. Mögliche Gründe für die Unvollständigkeit der Nachweisinstrumente werden erläutert und Lösungsansätze im Hinblick auf Teilhabe illustriert.

Hintergrundinfos

Prachtexemplar einer Inkunabel: Gutenberg-Bibel der Staatsbibliothek zu Berlin (Signatur 2° Inc 1511, fol. 5r, Bd. 1)

Inkunabel oder auch Wiegendruck bezeichnet einen der von 1454 – 1500 erschienen Drucke, die mithilfe Johannes Gutenbergs Buchdruckverfahren entstanden sind. Der Anfang 1454 ist festgelegt mit dem Erscheinungsjahr der Gutenberg-Bibel. Optisch ist eine Inkunabel nicht immer prächtig: Drucke waren teuer. Meistens besteht sie aus unauffälligem Schriftsatz. Es gibt auch reich dekorierte Exemplare wie die hier gezeigte Variante einer Gutenberg-Bibel aus der Staatsbibliothek zu Berlin.

„Der Schrifftgiesser“, Holzschnitt, aus Hans Sachs‘ Werk zu Berufsständen: „Eygentliche Beschreybung Aller Stände auff Erden“, 1586 (Digitalisat München)

Gutenberg erfand um 1450 in Mainz den Buchdruck mit metallenen Lettern in Europa. Pro Buchstabe oder Zeichen einer Druckseite wird dabei eine aus Metall gegossene Form (Letter) genutzt. In einem Setzkasten bilden die Lettern zusammen eine Druckseite. Dabei sind schnellere Korrekturen und größere Auflagen möglich als beim Einsatz geschnitzter Druckstöcke aus Holz. Illustrierend kamen mitunter Techniken wie Holzschnitt, Kupferstich und Handmalerei zum Einsatz. Der erste bekannte Buchdruck mit mobilen metallenen Lettern fand allerdings 1377 in Korea mit dem Jikji statt.

Worum geht’s?

Im September 2022 wurde eine Inkunabel „neu entdeckt“. Das Kuriose daran: Inkunabeln werden seit Jahrhunderten erforscht. Es ist wirklich ungewöhnlich, dass einer dieser Drucke noch nie in einem der einschlägigen Nachweiswerke auftauchte. Das hier gefundene kleine Druckwerk war zudem längst als Bibliotheksbestand verzeichnet. Trotzdem wurde seine Besonderheit als Inkunabel über Jahrhunderte nicht identifiziert.

Warum blieb sie so lange unentdeckt?

Das ist doch eh schon alles digital!

Bei der unserer „neuen“ Inkunabel handelt es sich um einen kleinen Band mit der Signatur U 1350/5 aus der Universitäts- und Landesbibliothek Darmstadt (ULB). Sie war lange Zeit nur über ihren Titel in einem Sonderbestands-Zettelkatalog verzeichnet.

Scan der Zettelkatalogkarte für unser kleines Büchlein – ohne Vermerk auf Inkunabeln

Der Datensatz im Online-Katalog entstand 2020 durch die Einspielung über ein sogenanntes Retrokon-Projekt. Das Verfahren erkläre ich hier nur stark vereinfacht. Bei der Einspielung fand keine Prüfung der Daten am physisch vorliegenden Werk (Autopsie) statt. Man hatte nicht „das Buch auf dem Tisch“, sondern fertigte Scans der Zettelkatalogkarten an. Anhand der gescannten Metadaten suchte ein externer Dienstleister in anderen Online-Katalogen einen möglichst übereinstimmenden Datensatz. Dieses Verfahren ist fehleranfällig, doch es führt zu schnellen Ergebnissen.

Ähnlich und doch nicht gleich

Im Falle unserer Inkunabel wurde ein Datensatz heran gezogen, der den Zettelkatalog-Metadaten nur ähnlich war. Dies kann gerade bei frühen Drucken passieren. Die Entwicklung von Titelblättern begann im 16. Jahrhundert erst und anfangs gab es noch keine Einheitlichkeit von Angaben wie Verfasser, Erscheinungsjahr und -ort sowie Drucker (bei alten Drucken ein wichtiges Identifikationsmerkmal). Auch bei unserer Inkunabel geht der Text „einfach so los“. Die Titelangaben verstecken sich in den ersten Sätzen „Interpretationes seu somnia Danielis prophete […]“, wie hier zu sehen.

Erste Seite der 2022 entdeckten Inkunabel der ULB Darmstadt (Signatur: U 1350/5)

Die „Somnia Danielis“ sind über 400 auf verschiedene Drucke verteilte und dem biblischen Propheten Daniel zugeschriebene Traumdeutungen. Zu ihnen gehören viele Inkunabeln, die wiederum im Gesamtkatalog der Wiegendrucke verzeichnet sind. Die Entdeckung unserer Inkunabel war ein Zufallsfund durch eine Bestellung eines Forschers, der die im Katalog der ULB unter der Signatur U 1350/5 angegebene Druckvariante eines Textes der Somnia Danielis einsehen wollte. Tatsächlich brachte die Bestellung des Büchleins eine bisher unbekannte Druckvariante zutage.

Gefunden! Was tun?

Bei näherer Betrachtung stand fest: es musste sich um eine Inkunabel handeln. Reichliche Recherche in Nachweiswerken für Inkunabeln förderte keine anderen besitzenden Institutionen zutage. Die Entdeckung von 2022 wurde vom Team der Historischen Sammlungen an der ULB Darmstadt dem Gesamtkatalog der Wiegendrucke gemeldet, dort geprüft und unter der Nummer GW 0792250N neu aufgenommen. Damit hat sie es in die digitalen Nachweise geschafft. Bis heute ist sie dort unikal. Es gibt also keine andere Bibliothek mit genau diesem Wiegendruck – bis jemand vielleicht einen weiteren Fund macht.

Recherche gefällig? Altbestand finden!

KVK – Karlsruher Virtueller Katalog (für Bestände jeden Alters)
ISTC – Incunabula Short Title Catalogue (Inkunabeln international)
GW – Gesamtkatalog der Wiegendrucke (Inkunabelkatalog auf Deutsch)
INKA – Inkunabel-Katalog deutscher Bibliotheken (deutsche und österreichische Sammlungen)
VD16VD17VD18 – Verzeichnisse der im deutschen Sprachraum erschienenen Drucke vom 16. bis zum 18 Jahrhundert

Warum ist das so selten und doch möglich?

Wie eingangs erwähnt werden Inkunabeln seit Jahrhunderten erforscht und damit seit langem Nachweiswerke für Wiegendrucke aufgebaut und gepflegt. Ein solches ist der auf internationaler Ebene derzeit größte und seit 2003 frei zugängliche Inunabula Short Title Catalogue (ISTC) der British Library. Der ISTC bekommt von Inkunabelverzeichnissen weltweit Daten gemeldet. Und doch können Lücken zwischen Nachweisinstrument und echten Bestandsbedingungen klaffen.

Mögliche Gründe

Kein Fachpersonal
Der Bestand gehört zu einer kleinen Institution wie einer Klosterbibliothek ohne buchwissenschaftliches Fachpersonal und wurde noch nicht (komplett) von Forschenden durchleuchtet. In dem Fall besteht vielleicht kein Bewusstsein für den Wert der Bestände und es fehlt die Expertise zur Identifizierung der alten Bücher.

Personalknappheit
Mangel an Personal zwingt die Bibliothek dazu, den Fokus auf etwas anderes als die Verzeichnung ihrer Bestände in den digitalen Nachweiswerken zu legen. Sie melden also keine neuen Einträge oder Besitznachweise an diese Verzeichnisse.

Automatisierung vor Prüfung
Der Bestand der Bibliothek ist so groß, dass der Übergang von alten Katalogen in digitale Nachweise automatisiert geschah und noch nicht für jede Sondersammlung vom Fachpersonal geprüft wurde. Dies ist bei unserem Inkunabelfund an einer Bibliothek mit über 450 Jahren Geschichte der Fall. Die ULB Darmstadt entwickelte inzwischen ein Konzept zur zukzessiven Überprüfung alter Bestandsgruppen. Forschende rechnen möglicherweise nicht damit, bei einer so großen Institution noch Neues zu entdecken.

Forschungsdatenmanagement
Forschungsergebnisse wurden nicht systematisch aufbewahrt und in digitale Nachweiswerke überführt. Manchmal finden sich auf gedruckten Verzeichnissen handschriftliche Vermerke von ehemaligen Bibliotheksmitarbeitenden, die ihre eigenen Erkenntnisse oder die von Forschenden so notiert haben. Immer mehr Institutionen bemühen sich daher um ein nachhaltiges Forschungsdatenmanagement.

Diese Gründe können natürlich auch für die Datenpflege anderer Nachweisinstrumente gelten. Die British Library hat durch ihre lange Geschichte als Nationalbibliothek bspw. den grundsätzlichen Vorteil, die in ihrem Sammelgebiet erschienenen Werke relativ durchgängig erhalten zu haben. In Deutschland führten die früheren politischen Verhältnisse mit ihrer „Kleinstaaterei“ zu zahlreichen regionalen Sammelstellen. Oft waren die Privatbibliotheken von Grafen, Fürsten und Kirchen die einzig überdauernden Sammlungen für Altbestände. Daher entstanden Projekte wie die Verzeichnisse der deutschen Drucke für das 16. bis 18. Jahrhundtert (VD16, VD17, VD18) zur Erstellung einer retrospektiven Nationalbibliographie. An diesen Projekten sind jedoch nicht alle Institutionen mit Altbeständen beteiligt.

Teilhabe als Lösung

Heutige Bibliotheken und Forschende haben längst erkannt, dass die Zugänglichkeit zu den digitalen Nachweisinstrumenten im Open Access sowie die Einbindung von Institutionen mit geringeren finanziellen oder personellen Mitteln wichtige Faktoren für die Weiterentwicklung des Wissens über frühe Drucke sind. Auch die übersichtliche Aufbereitung von Informationen für die interessierte Öffentlichkeit trägt zu einem größeren Bewusstsein für den Wert alter Drucke bei und kann ein Feedback mit neuen Informationen aus der Allgemeinheit in die Fachwelt erwirken. Teilhabe hilft so bei einem nachhaltigen Aufbau eines Informationsnetzwerks für alte Drucke.

Konkrete Beispiele

The Atlas of Early Printing ist eines der Projekte, die auch Laien einen interaktiven Ansatz zur Entdeckung der Inkunabelgeschichte im europäischen Raum verschafft. Anhand einer interaktiven Karte kann man sich über einen individuell konfigurierbaren Zeitraum von 1450-1500 ansehen, an welchem Ort wann die ersten Drucke mit Gutenbergs Buchdruckverfahren entstanden sind. Das fogende Video erklärt die Entstehungsgeschichte dieses Projekts:

Der Blog „Les Essentiels“ der französischen Nationalbibliothek BnF (Bibliothèque nationale de France) stellt pädagogische Ressourcen der BnF für alle Interessierten zur Verfügung. Die Informationen bieten einen ersten Einstieg und kurzen Überblick. Somit kann man ein Basiswissen und Verständnis für diverse Themen aufbauen. Hier findet man z.B. einen Blogbeitrag über die Entwicklung des Titelblatts von alten Drucken bis heute.

In Thüringen startete 2018 das Projekt „Erschließung und Sicherung Nordthüringer Kirchenbibliotheken„. Es ist ein gutes Beispiel fürTeilhabe durch die Einbindung von über 80 kleinen, seit der Frühneuzeit bestehenden kirchlichen Bibliotheken in die Verzeichnung alter Drucke. Deren Bestände sind oft unsachgemäß gelagert und kaum verzeichnet, manchmal nur in Form jahrzehntealter Bücherlisten. Das Projekt stellt durch Fachpersonal Hilfe in Form von Erschließung und Archivierung der alten Kirchenbibliotheksbestände zur Verfügung und könnte später in ganz Deutschland fortgeführt werden. Ein ähnliches Projekt begann im Mai 2024 zur Erschließung von etwa 8.500 Bänden der historischen Sammlung der Bibliothek des Evangelischen Ministeriums in Erfurt.

Abschließend kann man durchaus einen positiven Blick in die Zukunft der Auffindbarkeit historischer Bestände werfen. Die digitalen Nachweisinstrumente für Altbestände sind vielleicht noch unvollständig, doch sie werden stetig weiter entwickelt.

Probleme von digitaler Langzeitarchivierung

verschiedene physische Speichermedien
Quelle: Pixabay

Digitale Langzeitarchivierung – Was ist das eigentlich?

Wie der Name schon sagt, geht es bei der digitalen Langzeitarchivierung darum, dass digitale Daten langfristig erhalten werden.
Im privaten Umfeld handelt es sich dabei häufig um Erinnerungen in Form von Fotos und Videos oder auch Musik.
Im Wissenschaftlichen Kontext sind alle Forschungsdaten und Arbeitsprozesse relevant, die digital dokumentiert sind.

Wo liegen die Probleme?

Wir kennen es alle: der Computer schlägt und so lange das Update auf die nächste Stufe des Betriebssystems vor, bis wir es nicht mehr wegklicken können und es zwangsläufig herunterladen müssen. Nach dem Update kann es passieren, dass sich auf einmal alte Dateien nicht mehr öffnen lassen, da das neue Betriebssysteme das Dateiformat nicht mehr unterstützt. Danach ist es dann notwendig, die Datei aufwendig umzuwandeln, damit der Zugriff wieder möglich ist. Genauso sieht es bei CD-ROMS aus. Was vor gut 30 Jahren noch der neuste Stand der Technik war, ist heute vollkommen überholt und häufig scheitert es schon daran, dass die meisten Computer kein CD-Laufwerk mehr haben. Weiterhin werden viele Datenträger im Laufe der Zeit beschädigt oder sind schlicht nicht mehr lesbar.
Die technischen Möglichkeiten der Technik verändern sich so schnell, dass das Hauptproblem der digitalen Langzeitarchivierung darin liegt, dass alle digitalen Inhalte möglichst zugänglich und abrufbar bleiben.

Private digitale Langzeitarchivierung

Die Seite meindigitalesArchiv des Kompetenznetzwerk nestor ist einer der besten Anlaufpunkte, um sich darüber zu informieren, wie die eigenen privaten Daten dauerhaft gesichert werden können.
Anhand von fiktiven Fallbeispielen werden verschiedenste Situationen geschildert, in denen es notwendig sein kann, die eigenen digitalen Daten zu ordnen und speichern. Das fängt beim simplen speichern von Bildern und der Übertragung von Smartphone-Inhalten an, geht aber auch weiter über Familienforschung und die Regelung von digitalen Nachlässen.

verschiedene mobile Endgeräte einer Privatperson
Quelle: Pixabay

Wissenschaftliche digitale Langzeitarchivierung

Im Wissenschaftlichen Kontext, wenn es um Forschungsdaten geht, gibt es zwei Hauptstragtegien, wie die Daten erhalten werden: Migration und Emulation.
Die Migration beschriebt die Übertragung von Daten in die jeweils aktuellen Dateiformate umgewandelt und auf aktuelle Speichermedien übertragen werden. Dieser Prozess ist zeitaufwendig und und fehleranfällig, da auch alle Metadaten korrekt übertragen werden müssen, denn ohne den Kontext der Metadaten werden die Inhaltsdaten nahezu wertlos.
Bei der Emulation werden veraltete Hard- und / oder Softwareumgebungen in einem modernen System simuliert, sodass alte Programme und Dateien weiterhin verwendet werden können, ohne dass sie übertragen werden müssen.

Podcast-Tipp

Fazit

Die digitale Langzeitarchivierung ist deshalb so wichtig, weil sich der Stand der Technik kontinuierlich weiterentwickelt. Daten, die heute problemlos zugänglich sind, können in einigen Jahren unlesbar sein. Davon betroffen sind sowohl private Erinnerungen in digitaler Form, als auch wissenschaftliche Forschungsdaten.
Letztlich ist es notwendig, eine Archivierungsstrategie zu haben, um digitale Inhalte dauerhaft zugänglich zu halten und den drohenden Datenverlust zu vermeiden.


„Der Wert mancher Sache besteht darin, dass wir sie verloren haben.“

– Otto Weiß , Wiener Musiker und Feuilletonist

Quellen

Kompetenznetzwerk nestor
meindigitalesArchiv.de
https://www.aphorismen.de/zitat/192599
https://open.spotify.com/show/14BEfgbOu1HN28odE0ur1v
https://forschungsdaten.info/themen/veroeffentlichen-und-archivieren/langzeitarchivierung/

Digitale Vielfalt in Bibliotheken – Von physischen Regalen zur digitalen Transformation

"Leseeule"
Abb. 2: Logo der Stadtbibliothek Deggendorf

Die Stadtbibliothek Deggendorf ist dank der digitalen Bibliothek schon lange mehr als nur ein Lager für gedruckte Bücher. Heute steht hier zusätzlich anderes im Fokus: Streams, Sounds und digitaler Zugang zu Wissen und Unterhaltung – all das steht im Mittelpunkt eines modernen Bibliothekskonzepts. Egal ob Sie eine Nachteule oder ein Frühaufsteher sind: Die digitale Bibliothek bietet Ihnen Zugang zu einer riesigen Medienvielfalt, rund um die Uhr und bequem von zu Hause oder unterwegs.

Mit der Onleihe der Stadtbibliothek Deggendorf etwa können Sie jederzeit und überall digitale Inhalte wie E-Books, Hörbücher und Videos ausleihen – alles über die komfortable App oder direkt im Browser. Und das ist nur der Anfang! Die weiteren Angebote der digitalen Bibliothek Deggendorf reichen von Musikstreaming über wissenschaftliche Recherchemöglichkeiten bis hin zu interaktiven Kinderbüchern. Die digitale Bibliothek ist also nicht nur ein Ort, sondern ein Service, der Ihre Medienbedürfnisse überallhin mitnimmt.

Digitale Medien jederzeit griffbereit: Die vielfältigen Angebote der Stadtbibliothek Deggendorf


Mit der digitalen Bibliothek aus Deggendorf haben Sie Zugriff auf eine umfassende digitale Medienvielfalt – von E-Books bis Musikstreaming. Die Onleihe z.B. ermöglicht es Ihnen, jederzeit und überall digitale Inhalte auszuleihen – ganz bequem auf Ihrem E-Bookreader, Tablet oder Smartphone.
Die digitalen Angebote der Stadtbibliothek Deggendorf basieren auf einer Vielzahl von Web- und App-Technologien, um eine breite Palette an Online-Diensten bereitzustellen. Diese umfassen Medienplattformen wie die OnleiheFilmfriendTigerBooks, Brockhaus Online und Freegal Music+.
Im Allgemeinen basiert der Bibliotheksdienst auf verschiedenen Programmiersprachen und Frameworks, die sowohl im Frontend als auch im Backend verwendet werden.

Digitale Vielfalt aus der Bibliothek

Für alle die gerne um Mitternacht einen Thriller lesen, Hörbüchern lauschen oder mit einem digitalen Sprachkurs ins Bett gehen wollen, ist die Onleihe genau das Richtige. Über diese digitale Plattform der Bibliothek lassen sich eBooks, ePapers, eAudios und sogar eVideos ausleihen. Alles was Sie dazu benötigen ist ein gültiger Bibliotheksausweis und der Zugang zur Welt der digitalen Medien gehört Ihnen. Mit dem Tablet oder Smartphone einfach die gleichnamige App installieren, anmelden und schon kann es losgehen. Die Onleihe ist ideal für Leser und Hörer.

Einfacher Einstieg


Wer bereits einen E-Book-Reader besitzt, kann diesen für die Onleihe verwenden – es sei denn, es handelt sich um einen Kindle. Dieser ist ausschließlich auf den Amazon-Kosmos begrenzt, da der Onlinehändler externe Software nicht unterstützt. Eine Abhilfe wäre das „jailbreaken“ des Geräts. Wenn Ihnen allerdings der Begriff Jailbreak in Bezug auf elektronische Geräte nichts sagt, lassen Sie besser die Finger davon.

Auch wenn Technik für Sie ein Buch mit sieben Siegeln sein sollte, kein Problem: Für Unsichere vergibt die Stadtbibliothek kostenlose Schnupperzugänge, Leihgeräte oder auch rund um die Uhr Zugang zu Hilfestellungen auf Onlineforen und Tutorial-Videos der Firma DiViBib, damit auch die letzte Angst genommen wird.


DRM und Flexibilität: Wie der Adobe Content Server die E-Book-Ausleihe organisiert

Digitale Bibliothek zuhause
Abb. 3: Mit dem Tablet gemütlich über die digitale Bibliothek seinen Lieblingsroman ausleihen

Der Adobe Content Server (ACS) generiert DRM-geschützte E-Books im PDF- und EPUB-Format, wobei eine ACSM-Datei den Download über Adobe Digital Editions (ADE) initiiert. Die Rechte werden serverseitig verwaltet. Der Content Server von Adobe kann beide Formate generieren. Während PDFs den Adobe Reader erfordern , sind EPUBs flexibler für E-Book-Reader.


Für den DRM-Schutz ist für die Erstnutzung des entliehenen E-Books ein Internetzugang erforderlich. Mit ADEPT wird die offline Nutzung ermöglicht. Allerdings nur auf Geräten, die mit der entsprechenden Software (z. B. Adobe Digital Editions) kompatibel sind. Dazu ist es dem Leser möglich, seine ausgeliehenen Medien vorzeitig zurückzugeben. Diese Funktion bietet sich wegen des Maximums von acht Ausleihen für Vielleser (oder -hörer) an. Die Leihfrist kann ebenfalls selbst festgelegt werden und reicht von einer Stunde (e-Paper) bis zu 21 Tagen. Eine Verlängerung ist jedoch nicht möglich. Sollte aber keine Vormerkung auf das zurückgegebene Medium vorhanden sein, kann es ohne Einschränkungen erneut ausgeliehen werden.

Ablauf Onleihe
  • Überblick über das DRM der DiViBib Onleihe und Verlauf einer Ausleihe ohne Nutzung mobiler Endgerätea


Diese Plattformen werden meist auf Basis von Java für eine moderne Webarchitektur erstellt. Weitere serverseitige Technologien sind HTML, CSS und JavaScript. Eine App-Version für iOS und Android wird wiederum mit Java (für Android) und Swift (für iOS) entwickelt.

Wissen digital – und zuverlässig

Für alle, die einen Beat im Herzen haben

Digitale Bibliothek zum Musikstreaming
Abb. 4: Die digitale Bibliothek als Zugang zum Musikstreaming


Der Begriff Freegal stellt ein Kofferwort 1 aus free (kostenlos) und legal (zum Download) dar.

In der digitalen Bibliothek gibt es die Kinder-App mit Löwenherz

Kinder zwischen zwei und zwölf Jahren haben jetzt einen neuen digitalen Freund: die TigerBooks-App. Hier werden Geschichten auf Tablets und Smartphones lebendig. Mit interaktiven Funktionen, wie z.B. Mini-Spielen wird Lesen fast so spannend wie ein Versteckenspielen im Garten. Und das Beste? Eltern können sich entspannt zurücklehnen, während die Kleinen in der App Abenteuer erleben – ohne dass sich jemand im Wohnzimmer auf Schatzsuche begibt.

Literarisches Lernen im digitalen Zeitalter: Wie TigerBooks die Rezeptionskompetenz von Kindern fördert


Literarisches Lernen wird als Persönlichkeitsbildung an literarischen Modellen verstanden und dient im Literaturunterricht als umfassender didaktischer Integrationsbegriff. Während sich traditionelle Modelle auf Inhalt und Darstellung konzentrieren, erweitert u.a. TigerBooks diese um literarische, medienspezifische und intermediale Rezeptionskompetenz. Für digitale Bilderbücher ist insbesondere die Interaktivität zentral.
TigerBooks ist ein Teil des digitalen Angebots der Tiger Media GmbH, das sich auf Inhalte für Kinder spezialisiert hat. Über die gleichnamige App bietet das Unternehmen in Kooperation mit zahlreichen Verlagen E-Books, Hörbücher und interaktive Medien an. Besondere Features wie Vorlesefunktionen, Animationen und Spiele werden als kinderfreundlich und sicher beworben. Eltern profitieren von werbefreien Inhalten und individuell einstellbaren Kinderprofilen. Die App zielt darauf ab, eine kontrollierte und ansprechende Alternative zu frei zugänglichen Internetangeboten zu bieten.

Tutorial-Video zu TigerBooks
BeeBots

Um die Leseförderung in der digitalen Bibliothek zu unterstützen und gleichzeitig noch erste Berührungspunkte zum Erlernen der Programmierung zu schaffen, werden u.a. BeeBots genutzt.
Genauere Informationen zu diesem Thema finden Sie in diesem Artikel von Sascha Ecke.2

Rückseite BeeBot
Abbildung 5: Rückseite des BeeBots mit Programmiertasten


Freegal Music+ und TigerBooks als mobile Anwendungen werden, wie bei anderen Apps, mit Cross-Plattform-Frameworks wie React Native entwickelt, um die Nutzung auf verschiedenen Geräten zu ermöglichen.

Netflix kann einpacken (zumindest ein bisschen)

In den letzten Jahren hat sich der Filmkonsum stark ins Internet verlagert. Was auch Bibliotheken vor neue Herausforderungen stellt. Der Verbund der Öffentlichen Bibliotheken Berlins (VÖBB) hat darauf mit der Einführung von Filmfriend reagiert und eine Streaming-Plattform, die speziell auf Bildungsaspekte und Datenschutz ausgelegt ist. Ziel ist es, digitale Kompetenzen zu fördern um eine Bibliothek modern und attraktiv zu positionieren, ohne dabei direkt mit kommerziellen Streaming-Anbietern zu konkurrieren. Als Leser melden Sie sich über die App oder den Browser mit Ihren Bibliothekszugangsdaten an. Damit haben Sie Zugriff auf über 3.500 Filme und Serien um Ihre Abende aufzupeppen. Von Arthouse-Perlen oder Blockbustern über Krimiserien bis hin zu Kinderklassikern: Es gibt für jeden etwas, sogar für die härtesten Kritiker in der Familie.

Filmfriend und ähnliche Streaming-Dienste verwenden eine Kombination von Node.js für die serverseitige Logik, React für das Frontend und Datenbanktechnologien wie SQL-Systeme für die Verwaltung großer Mediendatenbestände.

Die digitale Bibliothek macht den Leser zum Chef!

Anrufen und einen gestressten Bibliotheksmitarbeiter damit behelligen, dass man die Leihfrist seiner ausgeliehenen Medien verlängern möchte? Anschließend noch die Frechheit besitzen zu fragen, ob ein bestimmtes Buch im Bestand ist? Damit muss sich der Leser nun nicht mehr beschäftigen, denn mit dem Online-Katalog kann er dies selbst erledigen.
„Google und Konsorten haben das Suchverhalten unserer Nutzer grundlegend verändert.“ Wahrer könnte diese Erkenntnis nicht sein.


Zwischen Suchmaschinen und Bibliotheken: Warum moderne Katalogsysteme unverzichtbar sind


Eine Studie von OCLC kam zur Erkenntnis, dass Internet-Nutzer zu 84% eine digitale Recherche über eine Suchmaschine dem Gang zur Bibliothek vorziehen. Das ist im Gegensatz zu dem Anteil, der zuerst zu Letzterem geht, mit 2% fast schon Makulatur. Trotz allem ergab sich aus eben jener Umfrage auch, dass Studenten Informationen, welche sie von Bibliotheken erhalten, glaubwürdiger einstufen. Deshalb sollten Bibliotheken mit der Zeit gehen und folgende Punkte mindestens erfüllen.
Die Anforderungen an Katalogsysteme lassen sich in zwei Bereiche unterteilen: Funktionalitäten der Suchoberfläche und -mechanismen sowie den Informationsgehalt der Datensätze und die Breite der erschlossenen Bestände. Diese Elemente beeinflussen sich gegenseitig. Beispielsweise kann eine umfassendere Suche durch Relevance Ranking übersichtlich gestaltet werden. Viele Technologien, die das Suchverhalten verbessern, sind aus dem Information Retrieval bekannt und werden in der OPAC-Forschung seit Langem gefordert.

Rund um die Uhr Zugriff

WebOPAC


Zudem wird dem Nutzer über den Online-Zugang Zugriff auf ein persönliches Bibliothekskonto gegeben. Hier ist es möglich seine Daten zu ändern oder auch, falls noch nicht geschehen, seine E-Mailadresse hinzuzufügen.

Damit lässt sich auch einrichten, dass man neben den Ausleihquittungen, und Erinnerungsbenachrichtigungen zur Gültigkeit der Mitgliedschaft auch Fälligkeitsnachrichten bekommt oder wenn die Leihfrist eines Mediums abläuft. Es muss wahrscheinlich nicht weiter ausgeführt werden, dass seit Einführung dieses Features die Gebührenreinnahmen um fast 80% zurückgingen.

Die digitale Bibliothek wartet mit Technik auf die begeistert – trotz eventueller anfänglicher Berührungsängste!

Um auf all diese Angebote zuzugreifen, brauchen Sie nur Ihren Bibliotheksausweis und erhalten die notwendigen Zugangsdaten. Und für alle, die bei digital an Kabelsalat denken: Die Stadtbibliothek hilft gern weiter, falls es mal hakt. On- wie offline! Technik-Support,

damit Sie und Ihr Streamingglück nicht auf der Strecke bleiben. Ob Sie Wissen anhäufen, zu den Hits der 80er tanzen oder den Kleinsten spannende Geschichten vorsetzen möchten – die Stadtbibliothek Deggendorf beweist, dass sie auch in der digitalen Ära den Durchblick hat. 

Literaturverzeichnis:

  • Lorenz, Andreas (2011): Digital Rights Management bei E-Books am Beispiel der DiViBib Onleihe. Fachhochschule Köln.
  • Gränicher, Martin (2010): Meinten Sie „Web-OPAC“?. Aktuelle Entwicklungen bei Bibliothekskatalogen. In: Informationswissenschaft: Theorie, Methode und Praxis Bd. 1, H. 1, S. 99 – 128.
  • Mutter, Moritz (2017): Filmfriend – Streaming für Bibliotheken. In: BuB – Forum Bibliothek und Information. Jg. 2017, Bd. 12, S. 662 – 663.
  • Emmersberger, Stefan (2020): TigerBooks, SuperBuch und Co.. Qualitäten und literaturdidaktische Potentiale interaktiv aufbereiteter Bilderbücher in digitalen Medienangeboten. In: MiDU – Medien im Deutschunterricht. Jg. 2 (2020), H. 1, S. 1 – 18.
  • Gränicher, Martin (2010): Meinten Sie «Web-OPAC»?.Aktuelle Entwicklungen bei Bibliothekskatalogen. In: Informationswissenschaft: Theorie, Methode und Praxis. Jg. 1 (2010), S. 99 – 128.

Abbildungen:

  • Abbildung 1: Gebäude Stadtbibliothek Deggendorf, Quelle: selbstproduziert2021
  • Abbildung 2: „Leseeule“, Logo Stadtbibliothek Degendorf, Quelle: ebenda 2016
  • Abbildung 3: Tabletnutzerin, Quelle: Fotolia [2024]
  • Abbildung 4: Silent Disco Kopfhörer, Quelle: Fotolia [2024]
  • Abbildung 5: Rückseite BeeBot, Quelle: Pinterest [2024]
  • Video 1: Tutorial-Video der Stadt- und Landesbibliothek Potsdam zu TigerBooks, Quelle: ebenda [2024]
  • Video 2:Tutorial der Stadtbibliothek Deggendorf zum WebOPAC, Quelle: selbstproduziert 2023

Fußnoten:

  1. Wörter für biologische Kreuzungen wie „Schiege“ (Kreuzung aus „Schaf“ + „Ziege“) und „Jostabeere“ (Kreuzung aus „Johannisbeere“ + Stachelbeere“) sind Beispiele für Kofferwörter. Geläufigere Kofferwörter sind Wörter wie „jein“, „Kurlaub“, „Stagflation“ usw  ↩︎
  2. Ecke, Sascha (2025): Einsatz von Bee-Bots in öffentlichen Bibliotheken. In: Hochschule Hannover. Verfügbar unter: https://testweblab.wp.hs-hannover.de/wp-admin/post.php?post=27481&action=edit. Letzter Aufruf: [24.01.2025] ↩︎

Chatbots als universelle Alltagshelfer?

Der Begriff „Chatbot“ setzt sich aus den Wörtern „to chat“, also plaudern oder unterhalten und der Abkürzung „Bot“, für Roboter zusammen. Die meist text- oder sprachbasierten teil- oder vollautomatisierten Dialogsysteme dienen vor allen Dingen als Kommunikationsschnittstelle zwischen Menschen und Maschine. Die Kommunikation erfolgt hierbei meist über Websites und Messaging-Dienste, aber auch über Smartphone- und Tablett Apps. Die meist mit einer eigenen Identität und einem Namen ausgestatteten und als Avatar oder Icon dargestellten kleinen Helfer findet man mittlerweile auf vielen Internetseiten. Dabei sind Chatbots längst keine neue Erfindung – ihre Ursprünge haben sie bereits in den 1950er Jahren.

1950 – Turing Test

Der 1950 von Alan Turing entwickelte Turing Test dient auch heutzutage noch als Grundlage für die Berechnung der Leistungsfähigkeit von Chatbots. Mit dem Gedanken, ob Maschinen denken können legte er den Grundstein für deren Entwicklung.


1966 – ELIZA

Ein Meilenstein in der Geschichte stellt das (damals noch nicht unter dem Begriff „Chatbot“) bekannte Programm ELIZA dar. Entwickelt wurde es von MIT-Wissenschaftler Joseph Weizenbaum und Decodiergenie Alan Turing. Das Programm simulierte ein Gespräch zwischen einem Therapeuten und einem Menschen und sollte so den Nutzenden täuschen. Mit Hilfe eines feststehenden Thesaurus und der Fähigkeit eingegebene Schlüsselwörter und Phrasen zu erkennen, konnte ELIZA vorprogrammierte Antworten zurückgeben.


1972 – PARRY

PARRY basiert auf der Idee von ELIZA und wurde von Psychiater Kenneth Colby entwickelt. Das Programm simulierte das Denken einer paranoiden Person oder einer paranoiden schizophrenen Person. Es sollte Colby als wissenschaftlichen Ansatz für die Untersuchung von kognitiven Prozessen und psychischen Krankheiten dienen und dabei helfen, dass Krankheitsbild Schizophrenie besser zu verstehen. Dafür arbeitete PARRY vor allen Dingen mit einem komplexen System von Annahmen und den darauf folgenden emotionalen Erwiderungen.


1988 – Jabberwacky

Jabberwacky ist der erste lernende Chatbot, welcher von Rollo Carpenter entwickelt wurde. Basierend auf Ansätzen des maschinellen Lernens ist er hauptsächlich auf das Führen von Unterhaltungen ausgelegt. Durch die Wiederholung bereits geführter Gespräche mit Hilfe einer Feedback-Schleife wird der Chatbot kontinuierlich mit neuen Informationen gefüttert, verbessert und ist für zukünftige Unterhaltungen immer auf dem neusten Stand. Das seit 1997 laufende Chatbot-Projekt erfreut sich durch den stätigen Zuwachs im Datenbestand bis heute einer großen Community.


1994 – „Chatterbot“

Michael L. Mauldin, seines Zeichens nach amerikanischer Wissenschaftler und Erfinder der Websuchmaschine „Lycos“ kreierte Anfang der 90er Jahre den Begriff „Chatterbot“, welchen er in einem von ihm veröffentlichten Papier auf einer im selben Jahr stattfindenden Konferenz präsentierte.

Kleiner, rosa weißer Roboter mit freundlichem Gesicht.
Quelle: Pixabay, Editor Alexandra_Koch, https://pixabay.com/de/photos/roboter-ai-chatbot-technologie-7720755/
1995 – A.L.I.C.E

A.L.I.C.E. – die Artificial Linguistic Internet Computer Entity wurde von Richard Wallace entwickelt und ist der erste dokumentierte Chatbot, welcher mit Natural Language Processing (NLP) arbeitet. Basierend auf ELIZA, jedoch ausgestattet mit einer deutlich verbesserten Leistungsfähigkeit, wurde das Programm nach dem Computer benannt, auf dem es zum ersten Mal ausgeführt wurde. Als Open-Source-Projekt gestartet arbeiteten nebenbei zahlreiche Programmierer an dem für A.L.I.C.E typischen XML-Dialekt AIML (Artificial Inteligence Markup Language), welche ebenfalls von Richard Wallace entwickelt wurde.


2005 – Mitsuku

Ebenfalls auf der Auszeichnungssprache AIML basierend wurde Mitsuku im Jahr 2005 von Steve Worswick entwickelt. Der Chatbot dient vor allen Dingen der Unterhaltung und kann Gespräche über mehrere Stränge unterhaltsam gestalten und aufrechterhalten. Ihr Erfinder verpasste Mitsuku außerdem eine eigene Persönlichkeit – eine 18-jährige junge Frau aus dem Vereinigten Königreich.


2011 – Projekt Watson

Im Jahr 2011 machte das Computerprojekt Watson des Unternehmens IBM auf sich aufmerksam in dem es in der amerikanischen Spieleshow „Jeopardy“ gegen die beiden besten Spieler aller Zeiten antrat und gegen sie gewann.


2016 – Tay

Der von Microsoft entwickelte Chatbot Tay machte vor allen Dingen mit negativen Schlagzeilen auf sich aufmerksam. „XiaoIce“, der ursprünglich für den chinesischen Markt konzipierte Chatbot erfreute sich in Asien großer Beliebtheit und diente vorwiegend der Unterhaltung. Er konnte über verschiedene Social- Media Accounts Gespräche mit Teenagern und jungen Erwachsenen führen. 2016 kündigte Microsoft an den chinesischen Vorreiter unter dem Namen „Tay“ auch auf dem amerikanischen Markt einzuführen. Er hatte den Zweck Nutzenden zuzuhören und aus deren Gesprächen und Antworten für künftige Konversationen zu lernen. Verknüpft wurde Tay mit der Social-Media Plattform Twitter (jetzt X). Innerhalb kürzester Zeit wurde der Chatbot mit rassistischen Aussagen gefüttert und verwendete diese für folgende Gespräche. Auf Grund dessen wurde der Chatbot nach nur 18 Stunden wieder vom Markt genommen.


2016 ff.

Ab 2016 ist die Entwicklung neuer Chatbots nicht mehr aufzuhalten. Große Konzerne wie Google, Apple, Facebook oder Amazon entwickelten in den folgenden Jahren ihre eigenen Chatbot-Lösungen z.B. in Form der Sprachassistenten „Siri“ oder „Alexa“.

Regelbasierte Chatbots

Regelbasierte Chatbots basieren auf vordefinierten Skripten. Entsprechende Fragen und dazugehörige Antwortmöglichkeiten müssen im Vorfeld ausgearbeitet und in einer Datenbank hinterlegt werden. Strukturiert als Dialogbaum sollen sie ein echtes Gespräch simulieren. Stellen Nutzende also eine Frage, durchsucht das System mittels Schlagwörtern die Datenbank und gibt bei einem Treffer die jeweilig passende Antwort aus. Werden Fragen gestellt, welche im Vorfeld nicht in die Wissensdatenbank eingepflegt wurden, kann der Chatbot auf diese auch nicht antworten. Aufgrund ihrer vorgefertigten festen Struktur lassen sich neue Technologien, wie Machine Learning oder Künstliche Intelligenz (KI) nicht implementieren. Regelbasierte Chatbots werden daher vor allen Dingen für standardisierte Abfragen eingesetzt, wie z.B. für Statusabfragen zu einer Bestellung.

Intelligente/KI-basierte Chatbots

Im Unterschied zu regelbasierten Chatbots ist es intelligenten Chatbots mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz (KI) und Machine Learning möglich über ihre Wissensdatenbank hinaus Fragen von Nutzenden zu beantworten. Dank Natural Language Processing (NLP), verstehen sie die natürliche Sprache und können die Intention einer Person verstehen, verarbeiten und entsprechend beantworten. So stellen selbst besonders komplexe, anspruchsvolle oder lange Anfragen kein Problem dar. Durch Machine Learning wird die bereits vorhandene Wissensdatenbank selbstständig kontinuierlich erweitert. Vorangegangene und aktuelle Konversationen werden genauestens analysiert und verarbeitet, sodass in kommenden Gesprächssituationen eine optimierte Antwort auf Basis der erlernten Kenntnisse ausgegeben werden kann. Trotz langer und intensiver Entwicklungszeit und sehr hohen Entwicklungskosten bei der Erstprogrammierung sind intelligente Chatbots langfristig gesehen äußerst effizient. Einer der bekanntesten KI-basierten Chatbots ist ChatGPT. Dieser kann nicht nur Fragen beantworten, sondern auch Texte verfassen, Codes für verschiedene Programmiersprachen schreiben oder Bilder generieren. Damit ist er vielfältig und in verschiedensten Lebensbereichen einsetzbar, so z.B. auch im Bibliothekswesen. Ausgereifte Programmiertechniken sorgen außerdem dafür, dass die Identifikation, ob die Konversation ein Mensch oder eine Maschine führt zunehmend schwerer fällt.

Anwendungsspezifische Chatbots

Anwendungsspezifische Chatbots sind eine Mischung aus regelbasierten und intelligenten/ KI-basierten Chatbots. Sie zeichnen sich vor allen Dingen durch ihre dem jeweiligen Nutzungsbedarf angepasste, grafische Gestaltung aus. Beispielhaft hierfür wäre ein digitaler Assistent, welcher Nutzenden bei der Terminbuchung von Restaurants oder Hotels behilflich ist. Mit nur wenigen Klicks können Termine bestätigt, verschoben oder storniert werden. Das spart Zeit und fördert die Kundenzufriedenheit. Anwendung findet er deshalb oft im Bereich des Online-Banking oder bei Versicherungen.

Liegende Frau arbeitet an einem Laptop. Über schwebt eine Gedankenblase mit einem AI Logo
Quelle: Pixabay, Editor Alexandra_Koch, https://pixabay.com/de/photos/frau-computer-chatgpt-digital-chat-7761176/

Eingesetzt werden Chatbots in diversen Bereichen. Besonders beliebt sind sie jedoch dort, wo sich wiederholende Prozesse vollständig automatisieren lassen. In den folgenden fünf Unternehmensbereichen lassen sich Chatbots besonders gut integrieren:

Kundenservice

Chatbots sind im Kundenservice kaum noch wegzudenken. Probleme, wie das stundenlange verharren in Callcenter Warteschleifen können dank einer smarten Chatbot-Lösung einfach umgangen werden. So ist es möglich wiederkehrende Fragen, Probleme oder andere spezifische Anliegen zu jeder Zeit und an jedem Ort schnell, einfach und effizient direkt über die Website des Unternehmens zu klären. Durch die Verknüpfung des Chatbots über eine API-Schnittstelle mit anderen internen Systemen, wie z.B. einer CRM-Software oder Logistik-Software können Unternehmen Nutzenden noch viele weitere und vor allen Dingen individuell angepasste Services anbieten. So können Statusabfragen bei erwarteten Lieferungen, der Wechsel der Bankverbindung beim Energieversorger, die Erledigung von Hotelbuchungen oder Restaurantreservierungen bis hin zu ganzen Tourenplanungen mittlerweile ganz ohne menschliches Eingreifen erledigt werden. Klassische Beispiele hierfür wären der Chatbot Marie von DHL, Theo – der Chatbot des Reiseunternehmens TUI oder Serviceassistentin Clara des Versandhändlers OTTO.

Abbildung zeigt Chatverlauf des Post & DHL Servicechatbots Marie
Marie – Post & DHL Servicechatbot
Abbildung zeigt Chatverlauf des Chatbots Theo des Reiseunternehmens TUI
TUI Assistent Theo
Abbildung zeigt Chatverlauf des des Chatbots Clara des Versandhändlers OTTO
Chatbot Clara von OTTO
Marketing

Im Marketingbereich sind der Fantasie der Unternehmen keine Grenzen gesetzt. So eignen sich Chatbots hervorragend um Werbekampagnen schnell und einfach umzusetzen und so die Reichweite und Präsenz des Unternehmens auf dem Markt deutlich zu steigern. Die Bandbreite reicht von einfachen Smalltalks mit Anwendenden bis hin zu Gewinn- oder Rätselspielen. Eine sehr ausdrucksstarke und virale Marketingkampagne stellte eine begrenzte Aktion des Spirituosenherstellers Jägermeister aus dem Jahr 2016 dar. Mit dem sogenannten Jäm-Bot, dem ersten rappenden Chatbot weltweit, konnten Nutzende via Messenger mit Hilfe der Rapper Eko Fresh und Ali As aus einfachen Textnachrichten ein personalisiertes Musikvideo erstellen und dieses an Freunde und Familie verschicken.

Kundenberatung und Verkauf

Im Verkaufsbereich und der Kundenberatung werden Chatbots meist zur Neukundengewinnung und dem damit verbundenen Ziel der Umsatzsteigerung verwendet. So können sie einen Großteil der Vorarbeit für einen evtl. folgenden Kaufprozess leisten. Sie erkennen Neukunden auf der Website, beobachten und analysieren das Navigationsverhalten des Besuchenden innerhalb der Website, sprechen die Person durch Push-Benachrichtigungen direkt an und leiten anschließend ein Verkaufsgespräch ein. Erkennt das Dialogsystem eine ernsthafte Kaufabsicht, wird dem Besuchenden meist ein persönliches Gespräch mit einem Mitarbeitenden via Service-Telefon oder persönlicher Beratung vor Ort in einer Filiale nahegelegt. Einsatzbereiche wären z.B. das Finanz- und Versicherungswesen, die Telekommunikations-, Reise- und Automobilbranche und der Handel. Exemplarisch wären hier die digitale Reiseassistentin des Versicherungsunternehmens ARAG zu nennen, TOBi – der Chatbot von Vodafone und HAL – der erst kürzlich eingeführte Chatbot des Kulturkaufhauses Dussmann.

Abbildung zeigt Chatverlauf der ARAG Reiseassistenten
ARAG Reiseassistentin
Abbildung zeigt Chatverlauf des Chatbots TOBi des Unternehmens Vodafone
Chatbot TOBi von Vodafone
Abbildung zeigt Chatverlauf des Empfehlungschatbots HAL des Kulturkaufhauses Dussmann
Chatbot HAL von Dussmann
Öffentliche Verwaltung

In der Öffentlichen Verwaltung werden Chatbots momentan vorwiegend im Bereich des Bürgerservice eingesetzt. So unterstützen sie Bürgerinnen und Bürger z.B. bei der Vereinbarung von Terminen, bei der Beantragung von Führungszeugnissen, Geburts-, Ehe- oder Sterbeurkunden, KfZ-Kennzeichen, Personal- und Parkausweisen oder Reisepässen. Auch die Meldung von Schäden und Defekten im Stadtbereich kann durch das digitale Dialogsystem übernommen werden und so die Verwaltung entlasten. Viele Städte und Kommunen arbeiten mittlerweile bereits an Konzepten für eine solche technische Unterstützung. Einige wenige setzen diese bereits aktiv im Alltag ein. Beispielhaft zu nennen wäre hier „Toni“ – der Chatbot der Stadt Osnabrück.

Unternehmensinterne Verwendung

Unternehmensintern finden die Plauderroboter vor allen Dingen bei der Erledigung organisatorischer Aufgaben Anwendung. So können Mitarbeitende mit Hilfe eines Chatbots unter anderem Besprechungsräume reservieren, die Reisekostenabrechnung erledigen, Störungen und Defekte melden, Passwörter zurücksetzen oder auch Fragen bezüglich der letzten Gehaltsabrechnung stellen. Ebenso können sie der Personalabteilung bei der Rekrutierung von neuen Mitarbeitenden helfen, hier z.B. durch die Vergabe von Terminen für Vorstellungsgespräche oder die Beantwortung aufkommender Bewerberfragen.

Vorteile

Einen der größten Vorteile von digitalen Dialogsystemen stellt die zeit- und ortsunabhängige Verfügbarkeit und Erreichbarkeit dar. So können diverse Fragen und andere nutzerspezifische Anliegen parallel, zu jeder Zeit und an jedem Ort einfach und schnell beantwortet werden. Eine gezielte Navigation, Begleitung und Unterhaltung der Nutzenden innerhalb der Website stärkt die Kundenbindung und erhöht damit die Kundenzufriedenheit und User Experience (UX). Durch die Automatisierung sich wiederholender Prozesse steigt die Effizienz in fast allen Unternehmensbereichen – Ressourcen, Arbeitszeit und Personal können so eingespart und die Gesamtkosten reduziert werden. Mitarbeitenden ist es außerdem möglich sich komplexeren Anliegen zu widmen, Personalengpässe werden umgangen und vorher teils manuell aufgenommene Vorgänge können mit Hilfe einer Chatbot-Lösung in gleichbleibender Qualität dokumentiert und im Anschluss ausgewertet werden. Der Zugriff auf die digitalen Assistenten ist genauso einfach wie die Nutzung dieser, da ein Großteil der mobilen Endgeräte bereits mit verschiedenen Sprachassistenten zur Unterstützung des Nutzenden ausgestattet sind.

Herausforderungen und Nachteile

Die Anschaffung bzw. der Betrieb eines Chatbots sollte trotz all seiner Vorteile gut überlegt sein. So können bei Erstprogrammierung, Inbetriebnahme und späterer Anwendung hohe Servicekosten anfallen. Neben einer im Vorfeld notwendigen, umfangreichen Projektplanung, stellt auch das Erstellen und Anreichern der Wissensdatenbank einen hohen Zeitaufwand dar. Die Programmierung eines Chatbots sollte keinesfalls unterschätzt werden. Eine unausgereifte Codierung sowie veraltete oder ungepflegte Datenbanken können schnell zu falschen oder keinen Antworten führen. Resultierende Missverständnisse führen so schnell zu einer negativen User Experience (UX). Bei nicht KI unterstützten Dialogsystemen besteht außerdem das Problem der Endgültigkeit, da diese ihre Antworten ausschließlich aus der ihnen zu Grunde liegenden Wissensdatenbank ziehen. Um Datenmissbrauch vorzubeugen ist die Einhaltung des Datenschutzes sowie die Kontrolle der Speicherung und Verwendung von sensiblen Kundendaten äußerst wichtig. Die mittlerweile sehr effizienten und authentisch wirkenden Plauderroboter werden oft auch von Internetkriminellen genutzt, um z.B. personenbezogene Daten, Passwörter und ähnliches zu stehlen.

Chatbots sind wahre Multitalente. Durch ihre Effizienz und die zahlreichen Funktionen und Anwendungsmöglichkeiten lassen sie sich flexibel in verschieden (Unternehmens-)bereichen einsetzen und erleichtern so den Alltag von Mitarbeitenden, als auch Nutzenden. Sie sind bequem erreichbar und einfach anwendbar. Trotz allem sollte man sich auch mit den einhergehenden Herausforderungen auseinandersetzen. Gerade beim Thema Datenschutz, Umgang mit personenbezogenen Daten und Datensicherheit gilt besondere Vorsicht.

Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (o. J.): Exkurs: Social Bots und Chatbots. Online unter https://www.bsi.bund.de/DE/Themen/Verbraucherinnen-und-Verbraucher/Informationen-und-Empfehlungen/Onlinekommunikation/Soziale-Netzwerke/Sichere-Verwendung/Exkurs-bots/social-bots.html [Abruf am 27.01.2025]

Digitalzentrum Berlin (2020): Wie funktioniert ein Chatbot und wann lohnt sich der Aufwand für kleine Unternehmen. Kurz erklärt. Video publiziert am 15.10.2020 auf YouTube. Online unter https://www.youtube.com/watch?v=4ks3RY6lSRQ [Abruf am 27.01.2025]

Kohne, Andreas u.a. (2020): Chatbots. Aufbau und Anwendungsmöglichkeiten von autonomen Sprachassistenten. Wiesbaden: Springer Vieweg

moinAI (o. J.): Chatbot Arten: Was sind die Vorteile & Nachteile?. Online unter https://www.moin.ai/chatbot-lexikon/natuerliches-sprachverstandnis-nlp-vs-gefuehrte-chat-dialoge [Abruf am 27.01.2025]

moinAI (o. J.): Die 13 besten Chatbot-Beispiele aus der Praxis. Online unter https://www.moin.ai/chatbot-lexikon/chatbot-beispiele [Abruf am 27.01.2025]

moinAI (o. J.): Regelbasierte Chatbots: Beispiele & Anwendungsmöglichkeiten. Online unter https://www.moin.ai/chatbot-lexikon/regelbasierte-chatbots [Abruf am 27.01.2025]

moinAI (o. J.): Was ist ein Chatbot?. Funktionen, Vorteile und Einsatzmöglichkeiten. Online unter https://www.moin.ai/was-ist-ein-chatbot [Abruf am 27.01.2025]

moinAI (o. J.): Was ist ein KI-Chatbot?. Definition, Vorteile, Funktion. Online unter https://www.moin.ai/chatbot-lexikon/ki-chatbots [Abruf am 27.01.2025]

Nagler, André (o. J.): Was ist ein Chatbot?. Funktionen, Vorteile und Einsatzmöglichkeiten. Online unter https://zukunftszentrum-sachsen.de/wissenspool/was-ist-ein-chatbot/ [Abruf am 27.01.2025]

Norddeutscher Rundfunk (2024): Chatbots in der Verwaltung. Wie Niedersachsens Städte KI nutzen. Zuletzt aktualisiert am 06.08.2024. Online unter https://www.ndr.de/nachrichten/niedersachsen/hannover_weser-leinegebiet/Chatbots-in-der-Verwaltung-Wie-Niedersachsens-Staedte-KI-nutzen,ki300.html [Abruf am 27.01.2025]

Technikum Wien Academy (o. J.): Was sind Chatbots?. Online unter https://academy.technikum-wien.at/ratgeber/was-sind-chatbots/ [Abruf am 27.01.2025]

Wie ChatGPT die Bibliothek der Zukunft neu sortiert

ChatGPT in Daten-Bibliothek
Abb1: Beitragsbild Quelle: Pixabay

ChatGPT ist dem Großteil der Bevölkerung mittlerweile ein Begriff. Besonders im Studium und Schule wird dieses Tool oft diskutiert. Im Bildungsbereich, zu dem auch Bibliotheken zählen, wird die KI teilweise als Bedrohung des eigenen Arbeitsplatzes gesehen. Die Zukunft wird für die Einrichtungen wohl durch ChatGPT neu sortiert. So ist beispielsweise die Überschrift dieses Beitrags auch mithilfe von ChatGPT generiert (siehe Homepage/Social Media).

Was steckt hinter ChatGPT? Welche Möglichkeiten ergeben sich daraus für Bibliotheken für die Zukunft? Vor welchen Herausforderungen und Veränderung stellt uns diese Künstliche Intelligenz? Einige Antworten zu diesen Fragen finden Sie in diesem Blogbeitrag.

Was verbirgt sich hinter ChatGPT?

Beginnen wir mit der grundsätzlichen Frage, wie ChatGPT überhaupt funktioniert. ChatGPT ist ein sogenanntes Large Language Model (LLM) auf Deutsch „großes Sprachmodell“. Diese Sprachmodelle trainieren mit einer großen Menge an Daten und haben als Ziel die menschliche Sprache zu verstehen und auch generieren zu können. Des Weiteren können sie sich Kontexte erschließen, um passende Antworten zu geben. Hier wird im Vordergrund ein Chatbot verwendet für die Interaktion zwischen Nutzenden und dem LLM. Allerdings ist zu beachten, dass sich nicht hinter jedem Chatbot gleich ein Sprachmodell verbirgt. Zur besseren Verdeutlichung der Entwicklung eines Large Language Models betrachten Sie Abb. 2.

Funktionsweise eines Large Language Modells
Abb2: Funktionsweise eines Large Language Modells Quelle: in Adobe Express selbst erstellt

Natürlich ist ChatGPT nicht das einzige LLM. Es gibt von mehreren Anbietern bereits ähnliche Modelle bspw. Google Gemini oder Microsoft Copilot, etc.. Hier können Sie sich selbst ein Bild von einer Auswahl von verschiedenen Modelle machen:

Dadurch das ChatGPT eines der größten, bekanntesten und beliebtesten Tools der Sprachmodelle ist, wird sich in diesem Beitrag darauf fokusiert. ChatGPT wurde von der Firma OpenAI entwickelt und ist seit November 2022 veröffentlicht. Es gibt hierbei eine kostenlose sowie eine kostenpflichtige Version.

Neusortierung für Bibliotheken

Bei der Einführung von ChatGPT kam ein Umschwung in der Bildungswelt an. Durch einen kurzen Prompt (Abfrage bei ChatGPT) konnten Programme, Argumentationen und sogar ganze Hausarbeiten in wenigen Sekunden geschrieben werden. Für viele die im Bildungsbereich tätig sind, war es eine Art Bedrohung für die Zukunft. Prüfungsanforderungen wurden an Hochschulen und Universitäten geändert, andere versuchten mit der Künstlichen Intelligenz (KI) zusammen zu arbeiten. Durch den Auftrag der Lehre & Bildung betrifft dieser Bereich auch die Bibliotheken, welche die Verantwortung haben, Informationen aufzubereiten und bereitzustellen.

Zusätzlich bieten Bibliotheken eine Chance für Bildungsgleichheit. Es gibt einige Menschen, die immer noch nie das Internet genutzt haben, z. B. auch aus finanziellen Gründen. Dadurch können soziale Ungleichheiten entstehen insbesondere durch die voranschreitende Digitalisierung und Nutzung der KI. Bibliothek sollten daher Angebote, wie ChatGPT auch zur allgemeinen Nutzung bereitstellen und dazu aufklären.

Einsatzmöglichkeiten von ChatGPT in Bibliotheken

  • Schlagwortvergabe:

Ein Bestandteil der bibliothekarischen Arbeit ist die Verschlagwortung von Büchern, Artikeln, etc. Diese Arbeit nimmt einige Zeit in Anspruch, da man sich mit den Werken teilweise länger befassen muss, um zu verstehen um was es sich handelt. In ChatGPT kann man Abstracts, Klappentexte oder Beiträge einfügen und die darin beinhaltet Themen sich ausgeben lassen. Dadurch kann man schneller Schlagworte für die verschiedenen Titel vergeben.

  • Kundensupport:

Das Tool kann eingesetzt werden, um beispielsweise Standardmails zu beantworten oder auch auf Beschwerden zu reagieren. Durch eine gute Eingabe muss man das Ergebnis von ChatGPT nur noch einmal durchlesen und ggf. anpassen. ChatGPT tendiert oft zum Übertreiben bei Freundlichkeit, dies kann man durch einen Folge-Prompt wie bspw. „Schreibe den Text sachlicher“ schnell korrigieren.

  • Homepage/Social Media:

Das Ausarbeiten von neuen Texten für die Social Media Kanäle oder die eigene Homepage, kann einige Zeit in Anspruch nehmen. Das LLM-Modell kann durch eine Prompt-Eingabe, schnell einen passenden Text zu beliebigen Themen generieren. Dadurch kann man sich Zeit sparen und muss ggf. nur ein wenig den Text überarbeiten. So ist zum Beispiel auch die Überschrift dieses Beitrages mittels ChatGPT erstellt.

Man kann über die kostenpflichtige Version von ChatGPT auch Bilder generieren lassen. Leider muss man hier beachten, dass die KI doch etwas klischeehaft verhält. Bei der Bildgeneriung von Bibliothekar:innen wird bspw. immer eine Brille aufgesetzt und trotz eines Folge-Prompts „ohne Brille“ erhält man nur eine andere Form der Brille anstatt ohne.

  • Übersetzungen:

Durch das breite Publikum in Bibliotheken kann man durch ChatGPT auch mögliche Sprachbarrieren überwinden. So kann man jegliche Texte für Websites, E-Mails oder Aushänge schnell über ChatGPT zeitgleich in mehreren Sprachen übersetzen. Man muss nur die deutschsprachige Version eingeben mit einem Vermerk der gewünschten Sprachen. So können auch Mitarbeitende mit Unsicherheiten in der jeweiligen Sprache bspw. E-Mails ohne Probleme verfassen.

Schulungen für die Nutzung von ChatGPT

Ob man nun ChatGPT in den Arbeitsalltag integrieren möchte oder nicht, unausweichlich ist die Einführung von Schulungen in diesem Bereich. In vielen Bibliotheken werden bereits Kurse im Umgang mit ChatGPT angeboten. Ob die Erklärung zum richtigen Prompt schreiben oder kritische Bewertung der Ausgaben des Sprachmodells. Wichtig ist zu verstehen das KI ein wichtiger Bestandteil der Informationskompetenz ist, welche Bibliotheken fördern sollen und müssen. Des Weiteren können Bibliotheken Schulungen bzgl. wissenschaftlichen Schreibens mit ChatGPT anbieten, indem aber auch die Grenzen des LLMs aufgezeigt werden. Beispielsweise hat die UB Leipzig bereits ein Online-Tutorial für die richtige Literaturrecherche mit ChatGPT veröffentlicht. Da vorallem bei Literatur die KI gerne halluziniert.

Zum Schluss sollte man anmerken, dass Bibliotheken an ChatGPT nicht vorbei kommen werden. Es ist wichtig die KI nicht einfach zu ignorieren sondern darauf zu reagieren. Jetzt ist noch ein Zeitpunkt um bei Nutzer:innen einzuhacken, da viele einen ähnlichen Wissensstand im Umgang mit den neuen Tools haben.

Probieren Sie ChatGPT doch einfach einmal selbst aus oder informieren Sie sich hier über mehr Möglichkeiten für Bibliotheken!

https://www.b-u-b.de/nachrichten/digitales/post/wie-chatgpt-bibliotheken-veraendert

https://datasolut.com/was-ist-ein-large-language-model

https://www.ibm.com/de-de/topics/large-language-models

https://www.ionos.de/digitalguide/server/knowhow/large-language-model

https://karrierewelt.golem.de/blogs/karriere-ratgeber/chatbots-im-vergleich-chatgpt-vs-copilot-vs-gemini

https://www.iese.fraunhofer.de/blog/large-language-models-ki-sprachmodelle/

Kann KI gegen Einsamkeit helfen

rechte menschliche Hand und linke Roboterhand formen zusammen ein Herz

Einsamkeit
[ˈaɪ̯nzaːmkaɪ̯t] Substantiv, feminin

Subjektives Gefühl des unfreiwilligen inneren Getrenntseins von sozialen Bindungen und Gebrauchtwerdens.

Informationsgrafik: Rate der weltweiten Einsamkeit bei Älteren 25 Prozent, bei Heranwachsenden 5-15 Prozent

So könnte eine kurze und prägnante Definition von Einsamkeit aussehen. Unterschiedlich definiert werden in der Psychologie Einsamkeit und allein sein. Allein sein ist ein selbst gewählter Zustand, um sich selbst zu resetten oder den Pause-Knopf ganz bewusst zu drücken. Dagegen Einsamkeit kann nicht so einfach wieder verlassen werden. Hier ist das Fehlen von sozialer Interaktion nicht selbst gewählt. Studien der World Health Organisation (WHO) gehen davon aus, dass eine von vier älteren Erwachsenen soziale Isolation erleben, bei Heranwachsenden sei die Zahl mit 5 bis 15% ebenfalls nicht zu unterschätzen.

Die WHO gründete gar eine Kommission für soziale Kontakte, um die Bedeutung zwischenmenschlicher Beziehungen für die Gesundheit in den Fokus einer breiten Öffentlichkeit zu rücken.

Voraussetzung für das digitale Miteinander

Doch wie treten wir miteinander in Kontakt in der digitalisierten Welt, in der wir heute leben? Dating-Apps sind längst auf vielen Smartphones installiert. Doch es locken auch Apps, in denen man sich seinen Gesprächspartner selbst generieren kann und mittels künstlicher Intelligenz und dem Einsatz von Large Language Modellen kommuniziert. In den Apps lässt es sich realisieren, das virtuelle Gegenüber auch optisch nach eigenen Wünschen zusammenzustellen. Je nach Abovertrag wird ermöglicht, mit dem Chatbot neben dem Austausch von Textnachrichten zu telefonieren oder durch Virtual Realitiy-Brillen sogar zu „begegnen“. Ist dies ein vollwertiger Ersatz für zwischenmenschliche Beziehungen und hilft so den Einsamen aus ihrer Lage? Die KI ist durch ihre Fähigkeit zur Sentimentanalyse inzwischen dazu imstande, menschlichen Emotionen zu erkennen, zu analysieren und nachzuahmen. So werden eigene Gefühle simuliert.

KI bietet Chancen gegen Einsamkeit

Und scheinbar fällt es Menschen nicht sehr schwer, sich auf diese virtuelle Gefühlswelt einzulassen. Es wird immer wieder beobachtet, dass die Menschen zur Anthropomorphisierung neigen – dem Zuschreiben menschlicher Eigenschaften für Nichtmenschliches wie etwa technischen Geräten. Agiert das Gerät dann auch noch menschenähnlich, wird das virtuelle Gegenüber als Lebewesen wahrgenommen. Auf Nutzerseite können sich schnell positive Gefühle einstellen. Zumal der KI alles anvertraut werden kann.

Auch ist es möglich, an der KI seine Kompetenzen für eine reale Beziehung zu erweitern und einzuüben. Und sie stillt schließlich auch die Bedürfnisse nach einem Gesprächspartner, vielleicht sogar einem Freund. Dass sie lieber mit einer künstlichen Stimme spricht als mit niemanden, das berichtet eine der App-Anwenderinnen. Selbst wenn es im Bewusstsein ist, dass es sich um eine virtuelle Entität handelt, das Einsamkeitsgefühl sei kurz vergessen.

Kulturelle Normen

Doch die westliche Welt ist noch nicht so weit, derartige Beziehungen anzuerkennen. Kulturelle Normen ändern sich nur langsam. Im asiatischen Raum ist man bereits weiter. Dort ist es akzeptiert, einen Avatar zu heiraten und eine Beziehung mit Robotern oder Hologrammen zu führen. Daher wird möglicherweise auch hier ein Bewusstsein dafür geschaffen, den veränderten Status von Beziehungen zu KI oder Robotern schrittweise anzuerkennen.

Risiken bei der Anwendung von KI gegen Einsamkeit

Der deutsche Ethikrat weist darauf hin, dass KI die Entfaltungsmöglichkeiten von Menschen nur erweitern sollte und diese nicht verringern darf, eine KI darf den Menschen nicht ersetzen. Durch die stete Ansprechbarkeit kann es vorkommen, dass so eher die Unselbstständigkeit gefördert wird, indem man Entscheidungen an die KI delegiert. Darüber hinaus ist es auch möglich, dass Menschen durch Beziehungen mit einer KI verlernen, Beziehungen mit anderen Menschen zu führen. Eine weitere Problematik ist die Ich-Fixierung solcher Beziehungen: Da die KI das Verhaltensrepertoire der Nutzenden spiegelt, bleibt die Bindung einseitig und egozentriert – im Gegensatz zu einer Beziehung mit einem echten, seelenvollen Gegenüber. Und auch das Körperliche kommt in solchen Konstrukten zu kurz. Echte Nähe, Berührungen, Blicke, Intimität – das alles lässt sich im Moment noch nicht zufriedenstellend simulieren. Dies kann dazu führen, dass das Bedürfnis nach echter Nähe unerfüllt bleibt, wodurch sich die Einsamkeit der Nutzenden sogar verstärken kann.

Ausblick

Doch so weit muss man teils gar nicht gehen und sich aktiv eine App oder einen Roboter anschaffen, um die Einsamkeit zu bekämpfen. Smartphones haben schon seit langem mit Siri oder mit dem Google Assistant („Hey Google“) smarte Helfer verbaut. Ebenso wird die Sprachassistenz Amazon Alexa oft unbewusst als ein Gesprächspartner genutzt. Mit den neusten Google Phones fällt die KI Gemini in die Hände der Nutzenden. Die Hersteller geben das Gefühl, mit jedem Problem an die KI herantreten zu können und diese immer eine Lösung bereithält. Sei es zur Hilfe bei der Autoreparatur oder um sich einfach über seinen Tag zu unterhalten – die Hersteller suggerieren Antworten in allen Lebenslagen wie dieses Werbevideo eindrücklich zeigt.

Fazit

Die KI kann menschlichen Kontakt (noch) nicht ersetzen und so gänzlich gegen Einsamkeit helfen. Sie bietet aber Möglichkeiten, Einsamkeit punktuell zu mindern und soziale Kompetenzen zu trainieren. Sie fungiert als Brückenbauer zwischen der digitalen und der realen Welt, jedoch bleibt echte Nähe mit all ihren Facetten unersetzlich. Eine Ausgewogenheit ist entscheidend, um die Chancen der Technologie zu gebrauchen, ohne den Anschluss an echte zwischenmenschliche Beziehungen zu verlieren.

Referenzen: