Freiheit zu lesen was man möchte gibt es nicht überall. In den USA werden immer wieder Bücher aus den Regalen von Schulbüchereien und öffentlichen Bibliotheken entfernt, weil es Menschen gibt, die nicht wollen, dass Kinder diese Bücher lesen. Deswegen hat die gemeinnützige Organisation ALA (American Library Association) gemeinsam mit dem Bibliothekswesen der USA die Banned Books Week ins Leben gerufen.
In den Büchern auf den Verbotsanträgen geht es oft um Themen wie: Rassismus, sexuelle Bildung, Queerness, Trauer und Selbstfürsorge. Doch gerade Kinder und Jugendliche sollten die Freiheit besitzen, sich selbstständig zu informieren und weiterzubilden. Ist es jetzt an der Zeit im deutschen Bibliothekswesen solidarisch zu unseren Kolleg*innen im Westen zu stehen?
Seit 1982 veranstaltet die gemeinnützige OrganisationAmerican Library Association jährlich die „Banned Book Week“ . In dieser Aktionswoche rücken Bücher in den Fokus, die in öffentlichen und Schulbibliotheken in einigen US-Bundesstaaten verboten werden sollen.
Die Aktionswoche lädt Bibliothekar*innen, Lehrer*innen, Buchhändler*innen, Verlage und die gesamte Buch-Community ein, diese Bücher zu lesen und zu bewerben.
Wie funktionieren öffentliche Bibliotheken in den USA?
Finanzierungen und Festlegung der Entscheidungsträger
In den USA werden Bibliotheken anders finanziert als in Deutschland. Die den Bibliotheken zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel, bestehen hauptsächlich aus Steuergeldern. Die Höhe der Mittel wird jedes Kalenderjahr neu festgelegt, aktuell sinkt jedoch die Bereitschaft kulturelle Institute zu finanzieren immens. Die ALA setzt sich dafür ein, dass Bibliotheken zusätzliche Mittel beantragen können. Hinzu kommen Spenden, die von Bibliothekar*innen und Unterstützer*innen für Veranstaltungen oder weitere Aktivitäten eingeworben werden.
Welche Gesetzes-Grundlage zum Entfernen von Büchern gibt es?
Das First Amendment in der Verfassung der USA soll die die Meinungsfreiheit sichern. Dementsprechend darf die Grundlage eines Buchverbotes rechtlich keinen persönlichen oder ideellen Hintergrund haben. Trotzdem können Bücher verboten werden, wenn es einer „sicheren Lernumgebung“ schadet. Hier herrscht argumentativer Freiraum. Diesen Freiraum machen sich radikale Gruppierungen wie die Moms of Liberty zunutze.
Die Bibliothekar*innen gehen gemeinsam gegen die Zensur ihrer Bibliotheken vor: es gibt Lese-Bündnisse und Online-Workshops in denen über Zensur aufgeklärt wird. Außerdem teilen sie Tipps zur Buchpräsentation, um die Aufmerksamkeit aller Lesenden auf die verbotenen Bücher zu lenken. Betroffenen Autor*innen der Werke beginnen sich in Vereinigungen – Authors Against Book Bans oder PEN America – zusammenzuschließen. Sie nehmen mit ihren Bündnissen an der Woche teil und betreiben so Aufklärung bei Verlagen und der Buchindustrie. Außerdem rufen Leser*innen in den sozialen Netzwerken zum Lesen von den tabuisierten Werken auf und geben so der Aktionswoche eine weltweite Reichweite.
Welche Gruppierungen versuchen Bücher zu verbieten?
28 % Nutzende von Bibliotheken,
24 % Eltern,
21 % Interessensgruppen,
13 % Mitglieder der Boards,
3 % Bibliotheksmitarbeitende / Lehrer*innen,
2 % gewählte Offizielle/ Regierungen,
9 % unbekannt
1227 Versuche von Zensur im Jahr 2023. 76% Bücher, Grafiknovellen,
5 % Ausstellungen,
4 % Zugang zu Bibliotheken (zB durch Bombendrohungen),
4 % Hassverbrechen (Vandalismus, Diebstahl,...),
3 % Programme (Events),
2 % Filme,
6 % sonstiges
2023 sind die Anfragen zu Buchzensur 65% zum Vorjahr gestiegen.
Wo findet die Zensur statt?
54 % in Öffentlichen Bibliotheken,
39 % Schulbibliotheken,
5 % in Schulen,
2% in höheren Bildungsinstituten
Die Bücher die am häufigsten in den USA verboten sind, sind in deutschen Schulen häufig Teil des schulischen oder universitären Lehrplan. Zusätzlich gibt das deutsche Grundgesetz durch Garantie auf Meinungs- und Pressefreiheit keinen Spielraum für Zensur. Außerdem sind in Deutschland die Rechte von Bibliotheken gesetzlich verankert . Man erkennt also schnell, dass es hier rechtlichen Schutz vor derart Eingriffen in die Freiheit gibt. Blickt man zurück nach Nazi-Deutschland, stellt man aber schnell fest, dass durch Zensur, Bücherverbrennung und systematischer Verfolgung von (besonders jüdischen) Autor*innen viele Bücher verboten und vernichtet worden sind. Geschichtlich kann man sich in Deutschland des Book-Banning nicht freisprechen. Heute sieht es zum Glück anders aus und wir können Hoffnung in eine Zukunft frei von Buchverboten und Zensur setzen. Trotzdem muss weiter für die Freiheit gekämpft werden, die wir genießen. Rechtsradikale Parteien wie die AfD lassen sich von der Lage in den USA inspirieren und verwenden ähnliche Rhetorik wie die Parteien und Verbünde, die in den USA für Buchverbote aussprechen.
Dieser Titel eines Vortrags des 8. Bibliothekskongresses greift ein Problem auf, das alle Schulenden in Bibliotheken kennen: Eine ‚Keinen Bock‘-Haltung bei den meisten Teilnehmenden unserer Bibliothekseinführungen. Als Lösungsansatz dieses Problems zeichnen sich aktuell pädagogische Escape Rooms ab, die nicht nur Teamarbeit und das Lösen von Problemen fördern, sondern vor allem die Möglichkeit bieten, Informationskompetenz interaktiv zu vermitteln .
Wie das funktionieren soll? Dafür wird in diesem Blogbeitrag zunächst der theoretische Hintergrund beleuchtet, bevor die Konzeption und Herausforderungen eines Escape Rooms dargestellt werden. Ein Interview mit Giulia Stella und Yvonne Voigt, den Entwicklerinnen des Escape Rooms aus der Staats- und Universitätsbibliothek Bremen (SuUB Bremen), sorgt für direkte Einblicke in die Entstehung. So soll ein besonderer Praxisbezug gewährleistet werden.
Stellen Sie sich vor, Sie befinden sich mit Freunden in einem abgeschlossenen Raum und nur mit Scharfsinn und Teamarbeit können Sie dem Raum entfliehen. Willkommen in der Welt des Escape Rooms!
Das Konzept ist einfach. Ein Team von Teilnehmenden wird in einen thematisch gestalteten Raum „eingesperrt“ und muss innerhalb einer vorgegebenen Zeit eine Reihe von Rätseln lösen, um zu „entkommen“. Diese Spiele haben in der Regel ein bestimmtes Szenario und können an fast jede Anforderung angepasst werden. Dabei ist es auch möglich, vom klassischen Ausbruchs-Szenario abzurücken. Mystery-Settings, in denen TäterInnen gejagt oder aufgehalten werden oder die Suche nach einem wichtigen Gegenstand, lassen sich ebenfalls in dieses Genre einordnen. Durch diese Flexibilität ist in den letzten Jahren in den USA der Trend aufgekommen, Escape Rooms in Bibliotheken als Methode für Schulungen oder Einführungsveranstaltungen zu nutzen. Seit einigen Jahren wird das auch in Deutschland versucht.
Unter anderem hat sich die SuUB Bremen an die Entwicklung eines Escape Rooms gewagt und konnte ihr Ergebnis erfolgreich in ihren Schulungsalltag integrieren. Im Interview mit Giulia Stella und Yvonne Voigt benennen beide als großen Motivationsfaktor für die Erstellung des Escape Rooms eine Abneigung gegen Frontal-Unterricht. Es ist ihnen wichtig, den Teilnehmenden zu vermitteln, dass eine Schulung in der Bibliothek mehr ist, als nur vorne zu stehen und zu erzählen.
Escape Rooms – Online oder Präsenz?
Durch ihre Vielseitigkeit lassen sich Escape Rooms sowohl in Präsenz als auch online durchführen. Ein Beispiel für einen Online Escape Room hat die UB Marburg 2020 ins Leben gerufen.
Aber welche Form ist besser? Eine der wenigen Studien, die sich mit dieser Frage befasst hat, hat ermittelt, dass den Teilnehmenden beider Formen neues Wissen vermittelt wurde. Tatsächlich konnte ein leicht höherer Wissenszuwachs bei den Teilnehmenden des physischen Escape Rooms festgestellt werden. Spannend ist hierbei auch, dass das virtuelle Gegenstück als etwas schwieriger und stressender wahrgenommen wurde, obwohl es sich um denselben Escape Room handelte.
Wie können pädagogische Escape Rooms funktionieren: Die Theorie dahinter
Lernen durch Escape Rooms klingt zunächst abstrakt. Wie kann das auf einer pädagogischen Ebene funktionieren? Die folgenden Faktoren, die in Escape Rooms gegeben sind, begünstigen eine erfolgreiche Wissensaufnahme und zeigen Vorteile von Escape Rooms in Bibliotheken auf.
Lernfaktor Spaß
Freude als Schlüssel zur Wissensaufnahme
Spaß spielt eine zentrale Rolle im Lernprozess und ist weit mehr als nur ein angenehmer Nebeneffekt. Er wirkt als starker Motivationsfaktor, sowohl für Lernende als auch für Lehrende, um neue Kenntnisse und Fähigkeiten, zu erwerben. Gleichzeitig fördert er die Konzentration, was die Verarbeitung und Aufnahme von neuem Wissen erheblich erleichtert. Dieses durch Freude geschaffene, soziale und unterstützende Lernumfeld trägt ebenfalls maßgeblich dazu bei, einen Grundstein für nachhaltiges und effektives Lernen zu legen.
Problemlöse-Kompetenz
Kreativität fördern
Die Flexibilität, verschiedene Ansätze zur Lösung von Problemen auszuprobieren, stärkt die Kreativität und das kritische Denken der Teilnehmenden. Indem sie eigene Wege erkunden, entwickeln sie die wertvolle Fähigkeit Probleme zu lösen, die weit über eine Schulung hinausreichen.
Teamwork verbessern
Teamwork und Kommunikation durch Escape Rooms fördern
Escape Rooms, ob physisch oder virtuell, bieten vielseitige Möglichkeiten, um Teamarbeit und Kommunikation zu stärken. Sie lassen sich flexibel an nahezu jedes Thema anpassen, sei es, um Wissen zu vermitteln, Gemeinschaft zu fördern, Verbindungen aufzubauen oder einfach für unterhaltsame Erlebnisse zu sorgen.
Individuelles Lernen
Lernen durch eigene Lösungen
Indem Teilnehmende Puzzles und Rätsel eigenständig lösen, gestalten sie ihren Lernprozess aktiv und bauen ihr Wissen selbst ohne direkte Vorgaben auf. Diese spielerische Methode stärkt ihre Eigenverantwortung, schafft eine dynamische Lernumgebung und führt zu einem tieferen Verständnis der Inhalte. Gleichzeitig steigert sie die Motivation, da die Lernenden die Kontrolle über ihren Bildungsweg übernehmen können.
Hemmschwellen abbauen
Library Anxiety überwinden: Die Bibliothek neu erleben
Library Anxiety ist ein Begriff, der die Angst vor der Nutzung von Bibliotheken beschreibt. Betroffene fühlen sich oft durch die Größe und den Aufbau der Bibliotheken überfordert oder haben Angst, Mitarbeitende aus Bibliotheken um Hilfe zu bitten.
Hier kann der Escape Room als spielerische und unterhaltsame Aktivität ansetzen. Er bietet den Teilnehmenden die Möglichkeit, ihre Ängste vor Bibliotheken abzubauen. Sie lernen die Bibliothek als einen einladenden Ort kennen, der weit mehr ist als eine Sammlung von Büchern, Studienmaterialien und Technologien. Dazu berichten Koelling und Russo, die selbst einen Escape Room für die University of New Mexico konzipierten, folgendes:
„Als die Teilnehmenden in das Spiel eintauchten, verschwanden die Grenzen zwischen uns und ihnen. […] Die Freude, einen Hinweis zu finden, war förmlich spürbar – manchmal in Form von aufgeregtem Durcheinander, manchmal in konzentrierter Stille, durchbrochen von gelegentlichen Jubelschreien. Am Ende des Workshops war jegliche Spannung verschwunden. Wir hatten ihr Vertrauen gewonnen.“
Escape-Rooms entwickeln
Ein Konzept entwickeln:
Der effektivste Ansatz, um einen Escape-Room zu entwickeln, ist das sogenannte „Backward-Design“. Dabei beginnt man mit den gewünschten Lernergebnissen und skizziert die angestrebten Resultate. Anschließend wird festgelegt, welche Hinweise oder Aufgaben zeigen, dass die Teilnehmenden diese Ergebnisse erreicht haben. Dieser methodische Ansatz stellt sicher, dass der Escape-Room nicht nur spannend, sondern auch auf die gewünschten Lernziele abgestimmt ist. Daran haben sich auch die Kolleginnen aus der SuUB orrientiert:
Bei der Erstellung gilt die Devise: Einfachheit ist der Schlüssel. Hierbei wird geraten sich im Zweifel für den klareren Weg zu entscheiden, um die Teilnehmenden nicht zu frustrieren. Für die Konzeption geben Giulia Stella und Yvonne Voigt den Tipp, ausreichend Zeit für die Erstellung und die Testphase einzuplanen. Andernfalls würden schnell Ungereimtheiten aufkommen oder Aspekte aufgegriffen, die anschließend nie wieder auftauchen. Auch geben sie zu bedenken, dass gerade im Planungsstadium Austausch und Offenheit gegenüber neuen Ideen besonders wichtig sind. So können die besten Ideen entstehen.
Entwicklung der Rätsel
Bei der Entwicklung der einzelnen Rätsel gilt, was immer gilt: offen für alles sein. So habe ihnen eine Fortbildung zu Escape Rooms und Rätseltypen, ein kommerzieller Escape-Koffer sowie persönliches Interesse geholfen. So berichtete Giulia Stella, sie spiele Videospiele mit Escape- oder Rätsel-Komponenten, die sie bei der Entwicklung der Rätsel inspiriert hätten.
Um Spannung zu erhalten ist es wichtig, keine losen Enden bei den Rätseln zu lassen. Im Idealfall sollten alle Rätsel nicht nur die jeweiligen Lernziele erfüllen, sondern auch wieder aufgegriffen werden. So kann zum Beispiel die Lösung eines Rätsels als Teil der Lösung eines Endrätsels oder aber als benötigter Hinweis für das nächste Rätsel dienen. Wird ein Rätsel nicht wieder aufgegriffen, sind die Teilnehmenden schneller demotiviert. So berichteten auch Yvonne Voigt und Giulia Stella:
Einen Lösungsansatz für dieses Problem bieten die drei klassischen Rätsel-Strukturen nach Nicholson:
Die offene Rätselstruktur
Bei dieser Struktur werden zahlreiche eigenständige Rätsel im Raum platziert, die von den Spielenden gleichzeitig gelöst werden können. Jedes erfolgreich gelöste Rätsel liefert einen Teil zur Lösung des abschließenden Rätsels.
Ein Nachteil ist, dass der Schwierigkeitsgrad nicht kontinuierlich gesteigert werden kann, da die Reihenfolge, in der die Rätsel bearbeitet werden, nicht festgelegt ist.
Die sequentielle Rätselstruktur
Die sequentielle Struktur hingegen führt die Spielenden Schritt für Schritt durch das Spiel. Sie beginnen mit einem Rätsel, dessen Lösung sie zum nächsten führt, und so weiter, bis sie schließlich das finale Rätsel erreichen. Diese Struktur eignet sich besonders gut für kürzere Escape Rooms.
Die pfadbasierte Rätselstruktur
Die pfadbasierte Struktur besteht aus mehreren Sequenzen, bei denen jede gelöste Aufgabe einen wichtigen Beitrag zur Lösung des finalen Rätsels leistet. Nach der Lösung eines Teilrätsels gelangen die Spielenden entweder zum nächsten Master-Rätsel oder sie erreichen direkt das Ziel des Spiels. Diese Struktur eignet sich besonders für größere Teams, da die Spielenden in kleinen Gruppen parallel an den unterschiedlichen Pfaden arbeiten können.
Weitere Rahmenbedingungen
Zeitlicher Aspekt
Spieldauer
Die Dauer des Escape Rooms sollte bei der Planung immer im Hinterkopf behalten werden. In der SuUB Bremen war das Zeitfenster bereits durch die normale Schulungsdauer vorgegeben. Die zur Verfügung stehenden 90 Minuten sind auf 60 Minuten aktive Spielzeit und 30 Minuten Nachbereitung aufgeteilt. So ist es nicht dramatisch, wenn ein Team etwas länger für die Lösung der Rätsel benötigt und die schnelleren Teams haben im Anschluss noch Gelegenheit, das Gelernte umzusetzen. Aus der Literatur geht hervor, dass bibliothekarische Escape Rooms in der Regel für 45 bis 75 Minuten aktive Spielzeit konzipiert sind.
Ziel/Zielgruppe
Ausrichtung der Escape Rooms auf das Lernziel
Das Szenario ist für eine Einführungsveranstaltung für SchülerInnen und Studierende gedacht, berichteten die Kolleginnen aus der SuUB Bremen. So war ausschlaggebend:
„Uns war es wichtig, ein Konzept zu haben, das die allgemeine, alltägliche Nutzung darstellt. Also das Recherchieren im Katalog, das Einloggen ins Bibliothekskonto, gegebenenfalls Sachen ausleihen und das Buch im Regal finden. Also räumliche Orientierung. Weil das eben die Sachen sind, die faktisch passieren müssen, wenn die Leute bei uns in die Räume kommen. Und das war uns eben das Wichtigste am ganzen Spiel, dass die am Ende mit einem Mehrwert rausgehen, der eben realitätsbezogen ist.“
Thema/ Narrativ
Narrativ anpassen
Die Motivation, Escape Rooms zu gestalten oder daran teilzunehmen, wird nicht unbedingt durch die Realitätsnähe der Szenarien bestimmt. Vielmehr stehen der Erwerb und die Anwendung von Wissen und Fähigkeiten aus den jeweiligen Themenbereichen im Vordergrund. Oft überwiegt hierbei der Lern- und Erlebniswert eines Escape Rooms die tatsächliche Relevanz des gewählten Szenarios. Bei der Entwicklung eines Themas kann es hilfreich sein, aktuelle Trends zu berücksichtigen und diese kreativ einzubinden.
Es ist wichtig, ein Thema zu wählen, das sowohl die Interessen der Zielgruppe anspricht als auch die Ressourcen der Bibliothek sinnvoll einbindet. So kann ein fesselndes Narrativ Lernen und Unterhaltung miteinander verknüpfen. Dabei sollte eine durchgängige und stimmige Erzählung vorhanden sein, um die Teilnehmenden zu fesseln und ihnen ein umfassendes Abenteuer zu bieten.
Beispiel: besondere Ressourcen einbinden
Ein gelungenes Beispiel für ein Escape Game bietet das John Jay College of Criminal Justice. Das Murder-Mystery basiert auf einem historischen Mordfall, wodurch Prozessabschriften und weitere Materialien aus den Sondersammlungen der Bibliothek integriert werden. Viele Bibliotheksnutzende kennen diese besonderen Ressourcen nicht, sodass ein Narrativ wie dieses die Bekanntheit speziellerer Bestände erhöht.
Beispiel: Interesse der Zielgruppe ansprechen
Im Zentrum des Escape Games der SuUB Bremen steht eine Gruppe, die eine Hausarbeit geschrieben hat, deren Deadline ansteht. Jedoch hat eine Kommilitonin/Mitschülerin, vergessen diese abzugeben. Um die Hausarbeit doch noch rechtzeitig einreichen zu können, muss die Gruppe verschiedene Rätsel lösen. Dieses Szenario ist für alle Teilnehmenden gut nachvollziehbar und kann leicht an die Zielgruppe angepasst werden. So ist es bei einer SchülerInnengruppe eine Mitschülerin und bei einer Gruppe Studierender eine Kommilitonin.
Räumlichkeiten
Der Ort des Geschehens
Die Größe des Raums beeinflusst direkt die Größe der Gruppen, die daran teilnehmen können. Je größer der Raum, desto mehr Personen können problemlos zusammenarbeiten. Es ist jedoch wichtig, sicherzustellen, dass genügend Hinweise vorhanden sind, damit sich jeder Spieler aktiv einbringen kann. Andernfalls könnte es passieren, dass einige Team-Mitglieder lediglich zuschauen, während andere die gesamte Arbeit übernehmen. Beobachtungen haben gezeigt, dass Gruppen mit etwa sechs Personen gut überschaubar sind. Für eine noch effektivere Beteiligung aller kann es jedoch vorteilhaft sein, kleinere Teams von vier oder fünf Personen zu bilden, besonders für Teilnehmende, die sich in größeren Gruppen schnell überfordert fühlen.
Die flexiblere Alternative
Die Einrichtung eines Escape Rooms kann eine komplexe und zeitaufwändige Aufgabe sein, die oft die Gestaltung eines ganzen Raums mit aufwendigen Requisiten und versteckten Hinweisen erfordert. Eine einfachere Alternative sind „Breakout-Boxen“. Diese praktischen Hilfsmittel ermöglichen es, Escape-Room-ähnliche Aktivitäten direkt in eine Schulung zu integrieren, indem die Teilnehmenden eine verschlossene Kiste oder eine Reihe von Kisten öffnen müssen, anstatt einen Raum zu verlassen. Diese Boxen sind nicht nur kompakt und mobil, sondern auch ideal, um die Aktivität in kleineren Räumen durchzuführen.
Für diese Variante hat sich auch die SuUB Bremen entschieden. Hier werden bis zu 30 Teilnehmende in Gruppen von bis zu 6 Personen aufgeteilt. Jede dieser Gruppen bekommt eine Kiste mit individuellen Rätseln, die es zu lösen gilt. Am Ende kommen alle Gruppen mit ihren Ergebnissen zusammen und müssen gemeinsam den Code für die „Breakout-Box“ knacken. Auf diese Weise können auch Gruppen in Schulklassen-Größe an einer Escape-Room-Schulung teilnehmen.
Kostenfaktor
Mit Kreativität geht es auch kostengünstig
„Also man muss sich halt am Anfang so ein bisschen klar machen, was möchte ich, wie möchte ich denn, dass es am Ende aussieht. Genau. Und dann arbeitet man mit dem, was man hat.“
Auch ist Kreativität bei der Gestaltung der Materialien und Rätsel sehr wichtig. In einem Fall aus dem Entstehungsprozess der SuUB Bremen gab es Probleme mit den WhatsApp-Generatoren, die sehr hässliche Bilder von Chats generierten.
„Wir saßen in einem online Meeting und ich hatte einen Screenshot auf meinem Handy gemacht, von einem WhatsApp-Chat, weil ich den irgendwie weiterschicken wollte. Und (lacht) auf einmal saß ich da und dann dachte ich, Boah! (aufgeregt) Und dann winkte ich nur mit den Armen und schrieb über ein internes Chat-Tool: ich glaube, wir machen einfach einen Screenshot von unseren eigenen Chats!“
Zudem erzählen sie, dass gar nicht so viele Materialien zur Erstellung eines Escape Rooms gebraucht werden und dass der Austausch innerhalb des Hauses einen großen Teil dazu beigetragen habe. Einige Requisiten konnten aus der hausinternen Buchbinderei oder aus alltäglichen Gegenständen gefertigt werden. „Tatsächlich war das gar nicht so teuer außer Arbeitskraft. Also das ist das, was wir auch unterschätzt hatten“, erzählt die Kollegin aus der SuUB Bremen.
Hinweise
Das richtige Maß finden
„irgendwann [wenn man nicht weiter kommt] ist man einfach auch gefrustet, ne? Und wir wollen eben, dass die Erfahrung positiv bleibt.“
Um diesem Frust vorzubeugen, ist es sinnvoll ein Hinweiskonzept einzuplanen, zum Beispiel in Form von Hinweiskarten. Dabei bekommt jede Gruppe eine festgelegte Anzahl an Karten, die sie bei Bedarf einsetzen können.
In der SuUB Bremen gibt es ein anderes Konzept zu Hinweisen. Hier können die Teilnehmenden jederzeit nach Hinweisen fragen, wobei die Schulenden zusätzlich proaktiv auf sie zu gehen und Hilfestellung zur Lösung der Rätsel geben. Die Kunst besteht bei diesem Konzept darin, abzuschätzen, wann Hilfe tatsächlich benötigt wird:
„Aber das halt auch mal wirklich aushalten zu können, 10 Minuten irgendwie zu sitzen und halt nichts zu machen und nicht irgendwo eingreifen zu wollen. Selbst wenn du hörst, die sind vielleicht gerade auf dem Holzweg, aber oft kriegen sie dann doch irgendwie noch die Kurve. Also das fällt uns tatsächlich auch echt schwer, dann da nicht in dem Sinne alle 5 Minuten mal einzugreifen und zu sagen: „ist doch logisch, mach doch das hier.“ (lacht)“
Finalisieren/Umsetzen
Testen
Um einen Escape Room optimal vorzubereiten, ist es empfehlenswert, mehrere Übungs-Sitzungen mit unterschiedlichen Gruppen durchzuführen, die die Zielgruppe widerspiegeln. Diese Testläufe bieten wertvolle Einblicke, welche Bereiche für die Teilnehmenden zu schwierig oder zu einfach sind. So können gezielt Hinweise angepasst, zusätzliche Unterstützung geboten oder neue Hinweise eingefügt werden, um etwaige Lücken zu schließen oder Aspekte zu verbessern, die von den Teilnehmern übersehen wurden. Die Kolleginnen aus der SuUB erzählen, dass sie untereinander viel getestet haben:
Qualitätskontrolle
In einigen Escape Rooms wird direkt nach Abschluss eine Qualitätskontrolle durchgeführt. Diese soll meist mit Hilfe eines Fragebogens überprüfen, ob die Teilnehmer die Inhalte, die vermittelt werden, auch tatsächlich verstanden haben.
In der SuUB Bremen wurde diese Wissensabfrage zum Teil des Spiels. Dabei müssen die Teilnehmenden Multiple-Choice Fragen beantworten und mit Hilfe der Antworten eine Lösungszahl ermitteln. Diese Zahl ist Teil des abschließenden Master-Rätsels.
Zum Schluss haben wir ein Mini-Escape-Spiel vorbereitet und möchten Giulia Stella und Yvonne Voigt die Gelegenheit geben, selbst auf die folgende Frage zu antworten:
Was würdet ihr KollegInnen mitgeben, die an anderen Bibliotheken auch einen Escaperoom etablieren wollen?
Referenzen
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