Die Pflichtablieferung – Pflicht als bibliothekarische Erwerbungsart

Bibliotheken können neue Medien auf verschiedene Arten erhalten. Eine davon ist die Pflichtablieferung. Doch was genau bedeutet das ?

Name: Lilly Riesner, Matrikelnummer: 1770929, Veröffentlichung: ja

Laut der Deutschen Nationalbibliothek versteht man unter der Pflichtablieferung eine:

Mit Medienwerken sind hierbei „Darstellungen in Schrift, Bild und Ton in körperlicher und zum Teil auch in nicht körperlicher Form2 gemeint.

Die ersten Formen der Pflichtablieferung gab es schon zu Zeiten, als der Buchdruck noch sehr jung war. Damals wurden Bücher als eine Art der Gegenleistung abgeliefert. So konnten verschiedene Privilegien durch die Landesherren, also beispielsweise Fürsten oder Könige, erhalten werden. Bevor die Bücher in die Bibliotheken der Landesherren gebracht wurden, mussten sie einer Zensurbehörde vorgelegt und von dieser geprüft werden.3

Eine frühe Version der nationalen Pflichtablieferung gibt es in Deutschland bereits seit 1913. Zum damaligen Zeitpunkt war diese aber noch freiwillig. Die Medien wurden damals nach Leipzig in die Deutsche Bücherei geliefert, die Vorgängerinstitution der Deutschen Nationalbibliothek.4

Auch nachdem die Abgabe von Pflichtexemplaren dann gesetzlich vorgegeben war, war nicht immer klar, ob sie im Rahmen der Verfassung überhaupt erlaubt sei. Das Bundesverfassungsgericht entschied im Jahr 1981 dann, dass die Pflichtabgabe verfassungskonform sei. Die Begründung dafür lautete, dass es sich „um ein im Interesse der Allgemeinheit liegendes kulturpolitisches Bedürfnis handele“.5

Zu dem Zeitpunkt fand zusätzlich die Einführung des sogenannten „Entschädigungsanspruch für Härtefälle“ statt. Dieser besagt, dass falls die Ablieferung von Pflichtexemplaren zu einer finanziellen Belastung des Verlegers führen würde, die zusätzlich anfallenden Kosten für die Pflichtexemplare finanziell entschädigt werden müssen. Eine besondere finanzielle Belastung kann zum Beispiel dann entstehen, wenn es sich um eine zahlenmäßig kleine Auflage oder um besonders teure Exemplare handelt.6

Da mit der Zeit auch immer mehr Publikationen digital erschienen, wurde, als am 22. Juni 2006 das „Gesetz über die Deutsche Nationalbibliothek“ in Kraft getreten ist, der Sammelauftrag der Bibliotheken erweitert. Von da an mussten zusätzlich zu den Medienwerken in körperlicher Form auch die Medienwerke in unkörperliche Form, also Online-Publikationen, abgeliefert werden.

Verlage in Deutschland sind dazu verpflichtet, von allen körperlichen Publikationen zwei Exemplare an die Deutsche Nationalbibliothek abzuliefern. Von allen Netzpublikationen muss ein Exemplar abgeliefert werden.

Die Deutsche Nationalbibliothek benennt dabei alle Unternehmen, Institutionen oder Personen als ablieferungspflichtig, die „das Recht haben, das Medienwerk zu verbreiten oder öffentlich zugänglich zu machen, also Verlage, herausgebende Stellen oder Selbstverleger und die ihren Sitz, ihre Betriebsstätte oder ihren Hauptwohnsitz in Deutschland haben7“.

Die Bearbeitung der Pflichtexemplare geschieht dabei je nach Bundesland entweder in Leipzig oder Frankfurt am Main. Archiviert wird dann an beiden Orten jeweils ein  Exemplar. Musikalien und Tonträger werden an das Deutsche Musikarchiv in Leipzig geliefert, welches Teil der Deutschen Nationalbibliothek ist.8

Zusätzlich zu der nationalen Pflichtabgabe gibt es auch die regionale Pflichtabgabe. In Niedersachsen ist die Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek gesetzlich damit beauftragt. Sie sammelt, erschließt und archiviert von in Niedersachsen erscheinenden Publikationen die Pflichtexemplare.

Dazu gehören zum einen Veröffentlichungen, die von Verlagen veröffentlicht werden, zum andere Veröffentlichungen, die nicht vom Verlagsbuchhandel veröffentlicht werden. Es handelt sich dabei beispielsweise um Zeitschriften und Zeitungen.

Ähnlich wie auf nationaler Ebene wird durch die Regionale Pflichtablieferung auch eine Sammlung der erschienenen Publikationen erstellt. Damit wird zum kulturellen Erbe der Region beigetragen.9

Eine Außenansicht der Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek. Sie ist in Niedersachsen für die Pflichtabgabe verantwortlich.
© GWLB/Kandziora

In Deutschland ist das Pflichtexemplarrecht Ländersache, da es Teil des Presserechts ist und dieses der Kulturhoheit der Länder unterliegt. Das Landesmediengesetz beziehungsweise das Landespressegesetz regelt in den meisten Bundesländern die Pflichtablieferung.10

Da sich die Bundesländer dort meist an einem Muster-Entwurf orientieren, sind die Bestimmungen im Groben ähnlich.11 Weil aber jedes Land selbst für die gesetzlichen Regelungen zuständig ist, unterscheiden sich die einzelnen Regelungen der Bundesländer untereinander im Detail schon.

Das „Gesetz über die Deutsche Nationalbibliothek“ regelt das Pflichtexemplarrecht. Dieses besagt, dass „alle in der Bundesrepublik hergestellten Medienwerke in körperlicher Form in zweifacher Ausfertigung an die Deutsche Nationalbibliothek abgeliefert werden müssen, unkörperliche Werke (Online Publikationen) nur in einfacher Ausfertigung12“.

In Niedersachen beruht die rechtliche Grundlage der Pflichtablieferung auf Artikel 7 und Artikel 12 des Niedersächsischen Pressegesetzes.13 Die Artikel definieren sowohl relevante Begriffe, als auch die Ablieferungspflicht der Verleger und Drucker.


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  1. https://www.dnb.de/DE/Service/Glossar/_functions/glossar.html?cms_lv2=56770&cms_lv3=1277472 ↩︎
  2. Gantert, Klaus (2016): Bibliothekarisches Grundwissen. 9., vollständig aktualisierte und erweiterte Auflage. Berlin, München, Boston: De Gruyter Saur, S. 152 ↩︎
  3. Steinhauer, Eric W. (2014): 13.4 Das Pflichtexemplarrecht. In: Griebel, R.; Schäffler H.; Söllner K. (Hg.): Praxishandbuch Bibliotheksmanagement. Berlin, München, Boston: De Gruyter Saur, S.947 ↩︎
  4. Gantert, Klaus (2016): Bibliothekarisches Grundwissen. 9., vollständig aktualisierte und erweiterte Auflage. Berlin, München, Boston: De Gruyter Saur, S. 152 ↩︎
  5. Gantert, Klaus (2016): Bibliothekarisches Grundwissen. 9., vollständig aktualisierte und erweiterte Auflage. Berlin, München, Boston: De Gruyter Saur, S. 152 ↩︎
  6. Gantert, Klaus (2016): Bibliothekarisches Grundwissen. 9., vollständig aktualisierte und erweiterte Auflage. Berlin, München, Boston: De Gruyter Saur, S. 152 ↩︎
  7. https://www.dnb.de/DE/Professionell/Sammeln/Koerperliche_Medienwerke/koerperliche_medienwerke_node.html#doc210110bodyText2 ↩︎
  8. Gantert, Klaus (2016): Bibliothekarisches Grundwissen. 9., vollständig aktualisierte und erweiterte Auflage. Berlin, München, Boston: De Gruyter Saur, S. 153 ↩︎
  9. https://www.gwlb.de/niedersachsen/pflichtexemplare ↩︎
  10. Steinhauer, Eric W. (2014): 13.4 Das Pflichtexemplarrecht. In: Griebel, R.; Schäffler H.; Söllner K. (Hg.): Praxishandbuch Bibliotheksmanagement. Berlin, München, Boston: De Gruyter Saur, S.949 ↩︎
  11. Steinhauer, Eric W. (2014): 13.4 Das Pflichtexemplarrecht. In: Griebel, R.; Schäffler H.; Söllner K. (Hg.): Praxishandbuch Bibliotheksmanagement. Berlin, München, Boston: De Gruyter Saur, S.950 ↩︎
  12. https://www.gesetze-im-internet.de/dnbg/__14.html ↩︎
  13. https://voris.wolterskluwer-online.de/browse/document/11122eba-b46c-3366-baf9-40f49474ae8e ↩︎

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